„Mama, darf ich Internet?“
Kinder im Volksschulalter nehmen das Internet ganz anders wahr als Erwachsene. Dennoch messen Eltern im Umgang mit Handy, Laptop und Tablet gern mit zweierlei Maß.
Eltern, Kinder, Internet. Ein Spannungsfeld, das sich heutzutage in nahezu jedem Haushalt aufbaut. Und das täglich. Dass dabei viele Fehler begangen werden, ist nicht nur verständlich, sondern auch menschlich. Vor allem die Erwachsenen tappen nicht selten in ihre eigenen Fallen. Der heutige „Safer Internet Day“, der sich mittlerweile in weltweit 130 Ländern etabliert hat, widmet sich den Volksschülern und deren Umgang mit dem Web. Medienpädagogen wie Barbara Buchegger von Saferinternet.at haben dazu die Fehler analysiert und geben Tipps zur Vermeidung selbiger. „Eine wichtige Erkenntnis, die wir gewonnen haben, ist: Kinder sammeln schon lang, bevor sie ihr eigenes Handy bekommen, reichlich Interneterfahrung.“Die Handhabung (wischen und antippen) ist dabei das geringste Problem, denn die haben bereits Zweijährige rasch durchschaut. Schwierig wird es für alle Beteiligten, wenn es um die Inhalte und deren Verarbeitung geht. Denn Kinder im Volksschulalter seien noch gar nicht in der Lage zu beurteilen, ob ihnen ein Videoclip auf Youtube guttut oder schadet. „Die Bewältigung von Ängsten ist sehr unterschiedlich“, sagt Buchegger. „Ein Teil klickt das Video weg und redet nicht darüber. Als Begründung führen sie an: Weil ich mich dann wieder daran erinnern muss.“Die Folge: Verdrängung setzt ein. Verarbeitung könne man aber nur durch das „Darüber-Reden“erreichen. Eltern seien dabei als Ansprechpersonen nicht besonders beliebt. „Weil die Kinder Angst haben, dass sie Handy- oder Computerverbot bekommen, wenn sie negative Erlebnisse ansprechen“, erklärt die Medienpädagogin. Dringen urplötzlich Schreie oder Schüsse aus dem Laptop, reagieren Eltern reflexartig. „Was hast du denn jetzt wieder gemacht?“gilt dabei als Klassiker. Das kann passieren. Doch abseits des Affekts sollte das Thema in aller Ruhe immer wieder besprochen werden. Buchegger empfiehlt: „Die ersten Schritte im Internet miteinander machen.“
Kinder können meist selbst entscheiden, wann es genug ist mit „Computerschauen“. Die Augen beginnen zu brennen, der Kopf tut weh. „Die Eltern neigen dazu, das zu kritisieren. ,Hab ich es doch gewusst, dass dir das nicht guttut‘, bekommen die Kinder oft zu hören. Dabei wäre Anerkennung und Lob, dass das Kind von selbst aufgehört hat, besser“, sagt Buchegger.
In puncto Vorbildwirkung nehmen es Eltern in vielen Fällen nicht allzu ernst. Beispiel Esstisch: Beim gemeinsamen Mahl ist Internet für Kinder tabu – der Papa aber darf seine E-Mails abrufen, wenn er gerade meint, es sei wichtig. Respektvoller Umgang, was den Umgang mit elektronischen Medien betrifft, sei auch den Eltern ins Stammbuch geschrieben. „Nicht immer, wenn sie meinen, ein Foto von ihren Kindern machen zu müssen, finden die das auch gut.“
Doch die Sensibilisierung der Erziehungsberechtigten schreite voran, berichtet Medienpädagogin Buchegger. „Die Anzahl der Workshops ist im vergangenen Jahr rasant gestiegen.“Bis zu 2000 solcher Beratungskurse halten die Mitarbeiter von Saferinternet.at mittlerweile jährlich ab. Angefordert werden sie von Schulen, aber auch von Elternvereinen.
Denn die Technologisierung des Alltags schreitet zügig voran. Neuester Schrei in der Onlinefamilie von heute: die GPS-Uhr für Kinder. Während es die Kleinen cool finden, verwenden es die Großen zur Überwachung. Denn mittels GPS kann der Sprössling geortet werden. „Es kam schon vor, dass die Uhren falsche Angaben gemacht haben. Dann haben die Eltern ihren Kindern vorgeworfen, wo gewesen zu sein, wo sie nie waren.“
Interessant zu beobachten sei auch, dass der Wunsch nach dem ersten Handy gar nicht vom Kind ausgehen muss. Buchegger: „Eine Mutter hat mir erzählt, dass sie ihrer siebenjährigen Tochter ein Handy geschenkt hat. Daraufhin hat das Mädchen zu weinen begonnen und gemeint, sie wollte gar kein Handy. Sie habe sich was anderes gewünscht.“
„Erste Schritte im Netz miteinander.“