Die neue Regierung will mehr Einfluss beim Verbraucherschutz
WIEN. Im Regierungsprogramm haben sich die Koalitionsparteien ÖVP und FPÖ vorgenommen, einen „wirksamen Konsumentenschutz“zu ermöglichen. Konsumentenschutz trage zu einem fairen Wettbewerb bei, da Verbraucher gegen gesetzwidrige Geschäftspraktiken unterstützt würden. Dazu will die Regierung den Verein für Konsumenteninformation (VKI) umgestalten. Doch wie das gelingen soll, ist noch unklar, denn der VKI ist ein autonomer Verein, in den nicht einfach so hineinregiert werden kann.
Konkret sollen die beiden zuständigen Ministerien für Soziales und Konsumentenschutz sowie das Justizressort mehr Einfluss erhalten – indem sie zu ordentlichen Mitgliedern des seit 1962 bestehenden VKI werden. Im Gegenzug soll die Arbeiterkammer ihren Status als einziges ordentliches Mitglied verlieren und nur noch außerordentliches Mitglied sein – „entsprechend der Finanzierungsstruktur des VKI“, heißt es im Koalitionspapier.
Auf Regierungsebene hat das Thema wohl nicht die höchste Priorität, dennoch bringen sich einige Akteure bereits in Stellung. So warnt die Aufsichtsratsvorsitzende des VKI, Gabriele Zgubic-Engleder, die in der Arbeiterkammer Wien die Abteilung Konsumentenpolitik leitet, vor einer „Verstaatlichung“des Konsumentenschutzes. Die geplante Änderung würde die Mitgliedschaft des VKI auf internationaler Ebene „auf jeden Fall gefährden“, wenn die Unabhängigkeit von staatlichen Einrichtungen nicht mehr gegeben sei. Zgubic verweist auch auf gravierende finanzielle Folgen, denn die Produkttests seien über internationale Kooperationen organisiert. Zgubic: „Da geht es zum Teil um teure Produkte, die auch international verkauft werden. Daher brauchen wir die Kooperationen.“Sie sehe für die Pläne der Koalition eine große Hürde: „Mir fehlt die Fantasie, wie das gehen soll. Das Ministerium kann die Vereinsstatuten nicht einseitig ändern.“
Derzeit bestimmt die Arbeiterkammer beim VKI die Arbeit und das Sozialministerium stellt die Finanzierung sicher, etwa für die sogenannten Verbandsklagen, die der VKI im Auftrag des Ministeriums einbringt – zum Beispiel wegen für Konsumenten nachteiliger Geschäftsbedingungen von Unternehmen oder Kreditklauseln von Banken. Der AK-Mitgliedsbeitrag beträgt 660.000 Euro, die Basisfinanzierung des Sozialministeriums macht 1,6 Millionen Euro aus, für Verbandsklagen gebe es eigene Zuschüsse. Die Finanzierung bis 2019 sei zugesichert. Rund zwölf Mill. Euro setzt der VKI im Jahr um, die Eigenfinanzierung – vor allem durch die Zeitschrift „Konsument“– sei mit 70 Prozent sehr hoch, betont Zgubic. Eine Änderung ist bereits fix: Ab 2018 erhalten der VKI und die Bundeswettbewerbsbehörde pro Jahr je 1,5 Mill. Euro aus vom Gericht verhängten Kartellstrafen – diese Summe hatte FPÖ-Konsumentenschutzsprecher Peter Wurm im Vorjahr als „zum Leben zu wenig und zum Sterben zu viel“kritisiert.
Gegründet worden war der VKI auf Sozialpartnerebene, doch vor einigen Jahren zogen sich die Wirtschaftskammer und schließlich auch die Gewerkschaft zurück, sodass nur noch die AK blieb.
Von einer geplanten „Umfärbung des Konsumentenschutzes“spricht der Klubobmann der Liste Pilz im Parlament, Peter Kolba. Der Jurist hatte Anfang 2017 nach 27 Jahren den VKI verlassen. Als Grund nennt Kolba, dass sich der Konsumentenschutzverein im VW-Dieselskandal „als von der Politik abhängig gezeigt“habe. Wenn Arbeitsplätze gefährdet seien, komme im Konfliktfall regelmäßig der Konsumentenschutz zu kurz, betont Kolba. Für ihn sei klar, dass die Änderungswünsche aus der Wirtschaft von ÖVP-Seite kämen, aber man wisse eigentlich noch nicht, wie die Freiheitlichen zu dem Thema stehen.
Die Sprecherin von Sozialministerin Beate Hartinger-Klein erklärte auf SN-Anfrage: „Wir stehen diesbezüglich erst am Anfang des Diskussionsprozesses. Sobald es eine akkordierte Vorgehensweise und ein Konzept gibt, werden wir dies der Öffentlichkeit mitteilen.“
„Mir fehlt die Fantasie für den Eingriff.“