Herr Lee und die Angst vor großer Leere
Zwei Dinge beunruhigen zurzeit die Verantwortlichen der Olympischen Winterspiele in Pyeongchang: die arktische Kälte und wenig verkaufte Tickets. Das soll sich ändern.
Lee Hee-beom plagt in diesen Tagen ein Albtraum. Es ist der Albtraum jedes Olympia-Organisators: leere Ränge. Ein Viertel aller Eintrittskarten für Pyeongchang 2018 ist noch nicht verkauft. Da die Top-Ereignisse wie Eiskunstlauf oder das Eishockey-Finale ausgebucht sind, dürfte es bei den weniger zugkräftigen Sportarten also ziemlich öde aussehen. „Vor allem teure Tickets werden nicht bestellt“, klagt der 68-Jährige in einem Interview. „Doch wir werden die Sitze füllen.“
Lee hat dafür schon eine Reihe von Ideen. Er ist ein erfahrener Kri- senmanager mit viel Erfahrung bei der Organisation schwieriger Projekte. Lee hat seine Karriere als Regierungsbeamter in den 70er-Jahren begonnen. Im Jahr 2001 kam der große Karrieresprung: Präsident Kim Dae-jung beförderte ihn zum Vizeminister für Handel und Industrie. 2003 rückte er sogar als Minister nach. Er diente in einem Kabinett, das sich der „Sonnenscheinpolitik“verschrieben hatte: Annäherung an Nordkorea durch Dialog und Austausch. Diese Generation von Politikern wollte den Konflikt zwischen den verfeindeten Staaten friedlich auflösen.
Es lässt sich nun eine historische Linie ziehen von Lees Zeit als Minister bis zu seiner aktuellen Position. Denn auch wenn es mit den Tickets derzeit nicht so toll läuft, geht Pyeongchang 2018 auf jeden Fall als Olympische Spiele des Friedens in die Geschichte ein. Die Teilnahme Nordkoreas an dem Sportereignis im Süden hat über Nacht eine der gefährlichsten geopolitischen Krisen auf dem Planeten entschärft.
Doch Lee Hee-beom ist keiner, der sich in einer historischen Rolle sonnt. Sein Vorgänger hatte den Posten wegen Problemen in seiner Firma hastig geräumt und die Vorbereitungen weniger als zwei Jahre vor den Spielen hingeworfen. Lee brachte jedoch rasch die Bilanz der Spiele in Ordnung und ließ die Wettkampforte zuletzt mit viel zeitlichem Puffer fertigstellen.
Nun drängt die Zeit für die allerletzten Vorbereitungen. Morgen, Mittwoch, starten die ersten offiziellen Trainings im Biathlon, Rodeln und Skisprung. Am Freitag um acht Uhr abends Ortszeit (zehn Uhr vormittags in Österreich) findet bereits die Eröffnungszeremonie statt. In diesen Tagen reisen die Athleten an; die praktische Brauchbarkeit des olympischen Dorfs stellt sich erst jetzt heraus. Auch sonst werkelt Lee noch an einer ganzen Reihe von Baustellen. Die freiwilligen Helfer vor Ort wirken größtenteils noch ziemlich ahnungslos. Und schon während des vergangenen Jahres hat er gegen das Desinteresse der Südkoreaner am Wintersport gekämpft. Denn es sind vor allem viele der 750.000 Karten übrig, die für das Gastgeberland reserviert sind. Auch könnten Temperaturen von zuletzt bis zu minus 20 Grad viele Besucher abschrecken. Es soll aber wieder wärmer werden.
Jetzt hat Lee die Regionalregierungen um Hilfe gebeten. Mitte Februar haben die Schüler des Landes Ferien – Ostasien feiert das Frühlingsfest. Da könnten doch die Provinzen ganze Blöcke von Tickets aufkaufen und in den Klassen verteilen lassen? Die US-Armee vor Ort will ebenfalls Tausende Eintrittskarten erwerben und Soldaten in die Stadien schicken. Die Aussicht auf Ränge voller junger, begeisterter Zuschauer mildert Herrn Lees Sorgen bereits gewaltig.