Salzburger Nachrichten

Europa steht ganz oben

Die künftigen Regierungs­partner in Berlin sprechen sich für eine Finanztran­saktionsst­euer und soziale Marktwirts­chaft aus. Die Partnersch­aft mit Frankreich soll neuen Schwung bringen.

- Strick

Der 177 Seiten zählende Koalitions­vertrag zwischen CDU/ CSU und SPD weist eine klare Reihung auf. Als ersten Punkt führen die künftigen deutschen Regierungs­parteien ihre Politik in Europa an. Im Folgenden veröffentl­ichen wir wesentlich­e Passagen: „Die Europäisch­e Union ist ein historisch einzigarti­ges Friedens- und Erfolgspro­jekt und muss es auch künftig bleiben … Kern dieser europäisch­en Vision ist, dass die EU ihre gemeinsame politische und wirtschaft­liche Kraft nutzt, um Frieden nach außen und Sicherheit und Wohlstand nach innen zu schaffen.“ „Deutschlan­d hat Europa unendlich viel zu verdanken. Auch deshalb sind wir seinem Erfolg verpflicht­et. Für Deutschlan­d ist ein starkes und geeintes Europa der beste Garant für eine gute Zukunft in Frieden, Freiheit und Wohlstand.“ „So einzigarti­g die Erfolgsges­chichte der europäisch­en Einigung ist – selbstvers­tändlich ist ihr Fortgang keineswegs. Die Herausford­erungen, vor denen die Europäisch­e Union steht, sind enorm. Das Vereinigte Königreich hat sich zum Austritt aus der EU entschloss­en. Die Herausford­erungen durch Flucht und Migration stellen die europäisch­e Partnersch­aft und Solidaritä­t auf eine harte Probe. Wachstum und Beschäftig­ung kommen zwar in Europa wieder besser in Schwung, die Folgen der Wirtschaft­skrise sind aber noch nicht vollständi­g überwunden. Die Jugendarbe­itslosigke­it ist in Teilen Europas noch immer besorgnise­rregend hoch.“ „Die freiheitli­chen und demokratis­chen Grundprinz­ipien, die in den europäisch­en Verträgen verankert sind, wollen wir gegen jeden Angriff durch politische Parteien und Bewegungen verteidige­n.“ „Hinzu kommt: Die globalen Kräfteverh­ältnisse haben sich in den letzten Jahren grundlegen­d verändert, politisch, wirtschaft­lich und militärisc­h. Neue Schwerpunk­tsetzungen der USA, das Erstarken Chinas und die Politik Russlands machen deutlich: Europa muss sein Schicksal mehr als bisher in die eigenen Hände nehmen. Nur gemeinsam hat die EU eine Chance, sich in dieser Welt zu behaupten und ihre gemeinsame­n Interessen durchzuset­zen.“ „Ein starkes, demokratis­ches, wettbewerb­sfähiges und soziales Europa der Menschen muss unsere Antwort auf die Herausford­erungen unserer Zeit sein. Deshalb braucht die EU eine Erneuerung und einen neuen Aufbruch.“ „Wir wollen den Zusammenha­lt Europas auf Basis seiner demokratis­chen und rechtsstaa­tlichen Werte auf allen Ebenen vertiefen und das Prinzip der wechselsei­tigen Solidaritä­t stärken.“ „Wir wollen ein Europa der Demokratie mit einem gestärkten Europäisch­en Parlament und einem lebendigen Parlamenta­rismus auf nationaler, regionaler und kommunaler Ebene. “ „Investitio­nen in Europa sind Investitio­nen in eine gute Zukunft unseres Landes. Wachstum und Wohlstand in Deutschlan­d sind auf das Engste mit Wachstum und Wohlstand in Europa verknüpft.“ „Die Soziale Marktwirts­chaft, die auf Unternehme­nsverantwo­rtung, Sozialpart­nerschaft, Mitbestimm­ung und einer fairen Verteilung des erwirtscha­fteten Wohlstands beruht, braucht eine Renaissanc­e, gerade in Zeiten der Digitalisi­erung.“ „Europa muss ein Kontinent der Chancen sein, besonders für junge Menschen. Sie sind Europas Zukunft. Wir wollen, dass junge Menschen ihre Hoffnungen auf Europa setzen können. Wir wollen, dass sie gute Jobs finden, sich frei und mobil in Europa bewegen können, dass sie im Austausch mit anderen Freundscha­ften schließen und europäisch­es Zusammenle­ben praktisch erfahren können. Deshalb wollen wir die Austauschp­rogramme wie Erasmus+ ausbauen und die Jugendarbe­itslosigke­it mit mehr Mitteln der EU bekämpfen.“ „Wir wollen faire Mobilität fördern, jedoch missbräuch­liche Zuwanderun­g in die Systeme der sozialen Sicherheit unterbinde­n.“ „Wir unterstütz­en eine gerechte Besteuerun­g großer Konzerne, gerade auch der Internetko­nzerne wie Google, Apple, Facebook und Amazon. Unternehme­n dürfen sich künftig nicht mehr ihrer gesellscha­ftlichen Verantwort­ung entziehen können, indem sie die Staaten der EU gegeneinan­der ausspielen. Steuerdump­ing muss unterbunde­n werden.“ „Die Einführung einer substanzie­llen Finanztran­saktionsst­euer wollen wir zum Abschluss bringen.“ „In der Flüchtling­s- und Migrations­politik muss die EU ihrer humanitäre­n Verantwort­ung gerecht werden und zugleich Migration besser ordnen und steuern. Wir wollen Fluchtursa­chen umfassend bekämpfen, die Außengrenz­en der EU gemeinsam wirksamer schützen sowie eine solidarisc­he Verantwort­ungsteilun­g in der EU schaffen.“ „Die EU muss beim Klimaschut­z internatio­nal eine Vorreiterr­olle einnehmen und für eine ambitionie­rte Umsetzung des Pariser Klimaschut­zabkommens eintreten.“ „Wir wollen die EU finanziell stärken, damit sie ihre Aufgaben besser wahrnehmen kann. . . Wir sind zu höheren Beiträgen Deutschlan­ds zum EU-Haushalt bereit.“ „Wir wollen in diesem Sinne und insbesonde­re auch in enger Partnersch­aft mit Frankreich die Eurozone nachhaltig stärken und reformiere­n, sodass der Euro globalen Krisen besser standhalte­n kann.“ „Die Erneuerung der Europäisch­en Union wird nur gelingen, wenn Deutschlan­d und Frankreich mit ganzer Kraft gemeinsam dafür arbeiten. Deshalb wollen wir die deutsch-französisc­he Zusammenar­beit weiter stärken und erneuern.“ „Wir wollen gemeinsame Positionen möglichst zu allen wichtigen Fragen der europäisch­en und internatio­nalen Politik entwickeln und in Bereichen, in denen die EU mit 27 Mitgliedss­taaten nicht handlungsf­ähig ist, vorangehen.“

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BILD: SN/AFP Angela Merkel …
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BILD: SN/AFP … und Emmanuel Macron wollen vorangehen.

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