Wie viel Misstrauen verträgt das Land?
Die große Lügenpresse-Hysterie ist vorüber. Skepsis bleibt dennoch. Politiker mischen dabei kräftig mit.
Jakob-Moritz Eberl, Universität Wien Bürger wollen Gesetze gegen Fake News
Leises Aufatmen in der Medienbranche: Das Vertrauen in die Medien ist wieder gestiegen, wie eine Langzeitstudie der Universität Mainz zeigt. Nur noch 13 Prozent der Bürger in Deutschland glauben, dass sie von den Medien systematisch belogen werden. Vor einem Jahr vertrat noch fast jeder Fünfte diese Ansicht. Das beste Zeugnis in puncto Vertrauen bekommen die öffentlich-rechtlichen Rundfunkanstalten sowie die Tageszeitungen. Das Internet hingegen erlebt einen regelrechten Vertrauensabsturz, stellt die Studie fest: Nur noch zehn Prozent halten Inhalte aus dem Netz im Allgemeinen für vertrauenswürdig. Vor einem Jahr hatten Onlineangebote noch mehr als doppelt so viele Anhänger.
Die Forscher in Mainz sprechen insgesamt von einem „leicht positiven Trend“zugunsten der traditionellen Medien. Die Daten beruhen auf einer repräsentativen Telefonumfrage von 1200 volljährigen Deutschen.
Nach Jahren der LügenpresseHysterie scheint es also wieder bergauf zu gehen mit dem Image des Journalismus. Ist das verfrühte Euphorie oder ein langfristiger Trend? Der Salzburger Kommunikationswissenschafter Josef Trappel sieht keine Trendwende. Er betont, dass das Vertrauen der Bevölkerungsmehrheit in die Medien nie massiv erschüttert gewesen sei. Vielmehr habe eine bestimmte Gesellschaftsschicht das Vertrauen in die Medien verloren. „Das hat den Medien allerdings massiv geschadet. Einem kleinen Kreis ist es lautstark gelungen, die Branche anzuschwärzen“, sagt Trappel.
Die Daten aus Deutschland geben auch Hinweise auf das Medienvertrauen der Österreicher. Laut JakobMoritz Eberl, Kommunikationswissenschafter an der Universität Wien, sind sich Deutschland und Österreich erfahrungsgemäß sehr ähnlich, was das Vertrauen in Medien anbelangt. Verantwortlich für die schlechten Zahlen in den Jahren 2015 und 2016 ist für Eberl vor allem die Flüchtlingskrise. „Da sackte das Vertrauen dramatisch ab. Diese Krisenzeit ist vorbei“, sagt Eberl, der sich im Rahmen der Österreichischen Nationalen Wahlstudie (AUTNES) mit der Frage beschäftigte, welche Gesellschaftsgruppen die Berichterstattung als verzerrt und beeinflusst wahrnehmen.
Der große Unterschied zwischen Österreich und Deutschland sei die Richtung, aus der die Vorwürfe an Medien kämen, erklärt er. „In Deutschland sind es vor allem Bewegungen von unten, wie Pegida. In Österreich hingegen werfen etablierte Politiker und Regierungsmitglieder den Medien Hetze vor. Das ist sehr gefährlich.“Besorgniserregend sei das vor allem für die Demokratie: „Wenn jemand schon das Mediensystem anzweifelt, könnte sich das auch auf andere demokratische Institutionen, wie etwa die Justiz, übertragen.“
Eines lässt sich aber in Deutschland und Österreich beobachten: Wer den Medien Manipulation vorwirft, wählt vorwiegend rechts und informiert sich vermehrt über Boulevardmedien, soziale Netzwerke oder alternative Websites.
Auch Josef Trappel betont den Einfluss bekannter Personen auf das Medienvertrauen. „Manche Leute denken sich: Wenn der amerikanische Präsident das sagt, wird schon was dran sein.“Die Reaktion der Medien auf den Vertrauensverlust der letzten Jahre war laut Trappel aber richtig. „Die Qualitätsmedien haben es durchgestanden und damit gezeigt: Wir machen nichts falsch, wir sind professionell.“
Ein Problem bleibt aber noch bestehen: Steigendes Vertrauen wirkt sich nicht per se auf die Nutzung aus. Wer einer Zeitung vertraut, muss sie nicht unbedingt abonnieren oder gar lesen. „Vertrauen korrespondiert nicht direkt mit Zahlungsbereitschaft“, sagt Trappel und erklärt, worauf es bei der Nutzung ankommt: „Das Produkt muss den veränderten Bedürfnissen der Menschen entsprechen. Da müssen die Medien sehr genau und sehr nahe an den Leserinnen und Lesern arbeiten und herausfinden, wie die- se Medien nutzen. Vertrauen ist die Voraussetzung dafür.“Dass sich viele Menschen von den Medien nicht mehr angesprochen fühlen, zeigt die Studie aus Mainz. Trotz des steigenden Vertrauens hat eine gewisse Entfremdung stattgefunden. Auffallend ist auch, dass die Debatte um Fake News offenbar gewirkt hat: Drei Viertel der Befragten halten Fake News und Hasskommentare im Internet für eine gesellschaftliche Gefahr. Fast genauso viele fordern, dass der Staat gesetzlich dagegen vorgeht. In Deutschland ist seit letztem Jahr das Netzwerkdurchsetzungsgesetz in Kraft. Damit werden soziale Netzwerke wie Facebook gezwungen, strafbare Inhalte zu löschen. Kritiker sehen in der Regelung eine Verlagerung der Kompetenzen. Ob etwas straffällig sei oder nicht, werde durch das Gesetz nun vorschnell von Facebook entschieden, nicht mehr von den Gerichten. In Österreich rät Josef Trappel von einer solchen Regelung ab. „Die österreichische Rechtsordnung sorgt ausreichend dafür, dass Fake News und strafrechtlich relevante Inhalte verfolgbar sind.“Solche Gesetze seien immer eine Abwägung zwischen Meinungsfreiheit und dem Einschreiten gegen Ausfälligkeiten, sagt Trappel. Er ist aber überzeugt: „Eine Demokratie muss es aushalten, dass ein paar Rülpser durchrutschen. Wenn man zu stark an den Schrauben dreht, schränkt das die Meinungsfreiheit ein.“
„Die FPÖ wirft den Medien Hetze vor.“