Nicht alle Buddhisten sind sanft
Friedfertig und gewaltlos. So sind Buddhisten, denkt die westliche Welt und geht zum Yoga. Die Rohingya sehen das anders.
Wir müssen unser Bild vom Buddhismus korrigieren. Vor den Augen der Weltöffentlichkeit spielt sich eine Flüchtlingskatastrophe riesigen Ausmaßes ab. Verantwortlich sind radikale buddhistische Mönche. Die Not der aus Myanmar gejagten Rohingya hat die Welt inzwischen zumindest bemerkt. Eine Million Menschen ist ins benachbarte Bangladesch geflüchtet und harrt dort in einem Megacamp aus. Dass es ausgerechnet buddhistische Mönche sind, die aus ihrem Glauben eine aggressive Nationalideologie gemacht haben und sich beim Hass auf die Rohingya besonders hervortun, verstört viele im Westen, wo dickbauchige Buddhas immer häufiger gütig vom Kaminsims lächeln und der Buddhismus als Weltanschauung des Friedens und der Toleranz gilt, als sanfte Dalai-Lama-Religion. Die zornigen Mönche in Myanmar aber tragen zwar die gleiche Kutte wie der Dalai Lama, doch von sanft kann keine Rede sein.
Sie bemühen absurde, mit ihrem Glauben nicht zu vereinbarende Argumente, um gegen die muslimische Minderheit vorzugehen. Die Rohingya seien „illegale Einwanderer“, heißt es. Abgesehen davon, dass kein Argument taugt, um Folter und Massenmord zu rechtfertigen, ist es noch dazu falsch. Fragt man die Rohingya selbst, erklären sie, dass sie seit Generationen auf dem Territorium von Myanmar leben. Tatsächlich dürften ihre Vorfahren im 19. Jahrhundert dorthin gekommen sein. Um eine lange Geschichte kurz zu machen: Was wir heute Bangladesch nennen, war einst Teil des britischen Kolonialreichs Indien. Was heute Myanmar heißt, nannte sich Königreich Burma. Die Briten führten ab 1824 einen siegreichen Krieg gegen die Burmesen und schlugen Burma ihrem Kolonialgebiet zu. Mit den neuen Kolonialherren kamen Gastarbeiter: die Rohingya. Deren Nachkommen 200 Jahre später noch als „illegale Einwanderer“zu bezeichnen ist dreist. Offen rassistisch ist ein Gesetz, das eine Staatsbürgerschaft auf jene Ethnien beschränkt, die vor 1824, also vor Beginn der britischen Kolonialherrschaft, im Land ansässig waren.
Was die Mönche in Myanmar predigen, hat mit Toleranz und Gewaltlosigkeit – Tugenden, die im Buddhismus wie im Übrigen auch in allen anderen Weltreligionen hochgehalten werden – wenig zu tun. Einer angeblichen Überfremdung setzen die Mönche die Idee eines ethnisch gereinigten Myanmar entgegen. „Ich denke an manchen Tagen, dass es besser wäre, wenn wir gar keine Religionen mehr hätten“, sagte der Dalai Lama anlässlich seines 80. Geburtstags. Diese Tage häufen sich.