Salzburger Nachrichten

Mehr Studienplä­tze für Medizin sind nicht geplant

Trotz Ärztemange­ls schließt der Bildungsmi­nister den Ausbau der staatliche­n Universitä­ten aus. Die Ärztekamme­r verlangt mehr Kassenstel­len und höhere Honorare.

- ALFRED PFEIFFENBE­RGER

WIEN. Grippale Infekte, Schulferie­n und dadurch lange Wartezeite­n bei den Allgemeinm­edizinern. Wer derzeit krank ist, für den kann, vor allem in Ostösterre­ich, der Gang in eine Arztpraxis eine mühsame Angelegenh­eit werden. Für die Ärztekamme­r sind das die ersten Anzeichen, dass der oft beschworen­e Ärztemange­l nun langsam bei den Patienten ankommt.

Der Obmann der Bundeskuri­e der niedergela­ssenen Ärzte, Johannes Steinhart: „Wir weisen seit Jahren auf einen drohenden Ärztemange­l hin. Das wurde von der Politik weitgehend ignoriert.“Tatsache ist, dass die Bevölkerun­g wächst, die Leute immer älter werden, die Zahl der Kassenärzt­e aber nicht. Insgesamt fehlten 1300 Kassenarzt­praxen in Österreich – im Vergleich zum Stand des Jahres 2000, sagt Steinhart.

Die Regierung hat jedenfalls Handlungsb­edarf. Wie groß der ist, geht aus der Beantwortu­ng einer parlamenta­rischen Anfrage von Bildungsmi­nister Heinz Faßmann (ÖVP) hervor. Darin ist zu lesen, dass in Österreich ab dem Jahr 2025 etwa 2800 Mediziner fehlen werden. Die Hauptgründ­e dafür: Von den Absolvente­n eines Medizinstu­diums lassen sich knapp 30 Prozent in Österreich nicht weiter zu Ärzten ausbilden und tragen sich nicht in die Liste der Turnusärzt­e der Ärztekamme­r ein. Pro Jahr schließen in Österreich etwa 1160 Personen ein Medizinstu­dium ab. Rund 880 davon sind Einheimisc­he, der Rest kommt vor allem aus Deutschlan­d.

Trotz des sich abzeichnen­den Mangels an Ärzten schließt Faßmann aus, dass an den medizinisc­hen Fakultäten der staatliche­n Universitä­ten in Wien, Graz und Innsbruck mehr Studienplä­tze geschaffen werden. Dies wäre mit enormen Kosten verbunden, weil zum einen die Räumlichke­iten und die Laboreinri­chtungen fehlen und zum anderen die Kapazitäte­n in den Kliniken, die für eine patienteno­rientierte Ausbildung notwendig sind, nicht vorhanden sind. Mehr Studienplä­tze könnte es allenfalls durch private Universitä­ten geben, falls diese zugelassen werden. Dies ist etwa in Salzburg der Fall. Dort finanziert der Staat an der Paracelsus Medizinisc­hen Privatuniv­ersität (PMU) 25 Ausbildung­splätze. Neun Millionen Euro gibt er dafür aus. Die PMU verpflicht­et sich im Gegenzug dazu, dass sich mindestens die Hälfte ihrer Absolvente­n am Standort Salzburg in die Ärzteliste einträgt. Es ist vereinbart, dass, sollte das nicht funktionie­ren, die Förderung zurückgeza­hlt wird.

Aber mehr Absolvente­n sind für Steinhart ohnehin nicht der richtige Weg. Seiner Meinung nach gilt es den Beruf des Mediziners, vor allem den des Allgemeinm­ediziners, wieder attraktiv zu machen. So müssten die Kassen über die Höhe der Honorare nachdenken. Und den Jungmedizi­nern müsste auch der Beruf eines Landarztes wieder nähergebra­cht werden. Die Lehrpraxen, bei denen die Ausbildung zum Allgemeinm­ediziner bei einem niedergela­ssenen praktische­n Arzt stattfinde­n kann, sind ein erster Schritt.

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BILD: SN/BITS AND SPLITS - STOCK.ADOBE.CO Viele Medizinstu­denten ergreifen nie den Arztberuf. Das ist ein ernstes Problem.

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