„Olympisches Gold ist für die Ewigkeit“
Anna Veith erzählt vor ihren wohl letzten Winterspielen, wie nach dem ersten Schock der Traum bei Olympia wahr wurde.
SALZBURG. Anna Veith trägt heute, Freitag (12 Uhr MEZ), bei der Eröffnung in Pyeongchang die österreichische Fahne. Zuvor sprach die Salzburgerin mit den SN über ihre Erinnerungen, ihre Zukunft und Marcel Hirscher. SN: Welche sind Ihre ersten Erinnerungen an Olympia? Anna Veith: Ganz klar, als Thomas Stangassinger (1994) Olympiasieger wurde. Ich war fünf, als wir ihn mit dem Skiclub Hallein empfangen haben, und ich habe schon als kleines Dirndl irgendwie mitbekommen, dass das wohl das Größte sein muss, das man als Sportler erreichen kann. Es war der Wahnsinn, etwas ganz Besonderes. Dann kam Nagano (1998) mit Hermann Maier. Aber die Geschichte ist eh weltberühmt und es gibt wohl keinen, der sich daran nicht erinnert. SN: Und dann waren Sie selbst dabei und haben sogar Gold gewonnen. Zuerst war Vancouver (2010) eine Negativerfahrung. Als Neuling stellt man sich immer vor, dass sich alles um die Athleten dreht. Doch es war ganz anders und das hat mich fast schockiert. Ich war damals 20 und sehr überfordert. In Sotschi (2014) habe ich mich darauf eingestellt und ich war überrascht, dass alles super organisiert war. Ich war in Topform und hatte mehr Reife. Und es hat funktioniert. Momente, die mich sehr geprägt haben. SN: Prägend wird wohl auch, wenn Sie bei der Eröffnung die Fahne tragen dürfen. Wissen Sie, wer Ihre Vorgänger sind? Ich habe die Liste nicht studiert, aber ich weiß, dass ich die erste Frau seit Renate Götschl (2006) bin und dass Anita Wachter, mein großes Vorbild, sogar zwei Mal die Fahne getragen hat. Das ist eine sehr große Ehre und macht mich stolz. SN: Sie haben Olympia-Gold und den Gesamtweltcup gewonnen. Was ist mehr wert? Eine schwierige Frage. Gold hat mich in den USA sehr bekannt gemacht, das hätte ich nicht für möglich gehalten. Ein Olympiasieg steht dort über allem. Bei uns ist das nicht ganz so. In Österreich, denke ich, hat der Gesamtweltcup mehr Wertigkeit. Vielleicht, weil es in Österreich weniger Gesamtweltcupsieger als Olympiasieger gibt. Öffentlich hat beides einen Hype und sehr viel Aufmerksamkeit ausgelöst. Ich bin einfach froh, dass ich beides geschafft habe, eigentlich fast unglaublich. Aber von der Leistung her ist für mich der Gesamtweltcup noch höher einzustufen. OlympiaGold haben schon sehr viele sehr gute Skifahrer nicht gewonnen, weil am Tag X alles passen muss. SN: Wann würden Sie Pyeongchang als Erfolg bezeichnen? Natürlich will ich eine Medaille gewinnen, aber ich werde es nicht nur darauf reduzieren. Ich habe nichts zu verlieren und versuche die Rennen so unbeschwert wie in Sotschi in Angriff zu nehmen. Eine Medaille ist nicht planbar, sondern sie muss passieren. Das ist mir schon gelungen und Olympia-Gold ist für die Ewigkeit. Für mich war es sogar der Auslöser dafür, dass ich dann noch mal besser geworden bin und den Gesamtweltcup geholt habe. SN: Die Frage, die Österreich am meisten elektrisiert: Krönt Marcel Hirscher seine Karriere mit Olympia-Gold? Ja. Ich bin überzeugt davon. Marcel gewinnt fast jedes Rennen, warum also nicht auch bei Olympia? SN: Zumindest redet man es sich ein, dass es ein Rennen wie jedes andere ist. Ist dieses Denken in der Praxis möglich? Ja, ist es. Wenn ich am Tag X alles über den Haufen werfen würde, was ich mir eine Saison lang erarbeitet habe, und etwas Außergewöhnliches machen will, dann wird es sicher nicht funktionieren. SN: Werden das Ihre dritten und letzten Olympischen Spiele? Das kann passieren (lacht). China (Peking 2022) ist jetzt auch nicht das Land, wo ich unbedingt hinmuss. Ich habe das Gefühl, dass ich das nicht mehr allzu lange machen werde. Aber auf der anderen Seite habe ich zwei sehr schwierige Jahre hinter mir und jetzt geht es mir wieder gut. Ich will noch einmal Vollgas geben und Spaß haben. Ich weiß, dass ich nächste Saison noch fahren werde. Was danach kommt, weiß ich nicht. Zu lange nach vorn zu planen funktioniert nicht, weil es oft auch sehr schnell gehen kann.