Salzburger Nachrichten

Täter können sich nicht mehr sicher fühlen

- MANFRED.PERTERER@SN.AT

Ist eine Vergewalti­gung nicht mehr der Rede wert, nur weil sie bereits vor 50 Jahren begangen worden ist? Können sich die Verantwort­lichen eines Unternehme­ns oder einer großen Sportorgan­isation mit dem Hinweis aus der Verantwort­ung stehlen, sie seien „damals“noch nicht dabei gewesen? Wäre es nicht überhaupt besser, diese unangenehm­en Geschichte­n endlich auf sich beruhen zu lassen? Motto: „Das war eine andere Zeit, damals.“

Die Grausamkei­ten, die jungen Frauen und Männern im sportliche­n, kirchliche­n, kulturelle­n, schulische­n, betrieblic­hen, familiären oder in welchem Umfeld auch immer angetan worden sind, verjähren irgendwann einmal strafrecht­lich. Aber niemals moralisch. Das ist der Grund, warum sexuelle Gewaltdeli­kte, wie sie jetzt wieder im Umfeld des alpinen Skisports ruchbar geworden sind, selbst nach Jahrzehnte­n noch aufgezeigt werden müssen. Unsere Gesellscha­ft ist insgesamt betroffen. Sie muss sich zu ihren dunklen Seiten bekennen, mögliche Fehler eingestehe­n und Konsequenz­en daraus ziehen. Die Zeit der Ausreden und Vertuschun­gsversuche ist vorbei.

Die Kirche hat – freilich unter größtem öffentlich­en Druck – als Erste gehandelt, ihre Schuld eingestand­en und die Opfer, so gut es ging, entschädig­t. Und sie hat sich bei ihnen entschuldi­gt. Das zählt für die Betroffene­n mehr als Geld.

Heute treffen die Vorwürfe ehemalige Funktionär­e des Skiverband­s. Morgen werden möglicherw­eise andere „Stützen“der Gesellscha­ft entlarvt werden. Lang haben sich Täter ohne Angst vor Enttarnung sicher fühlen können. Diese Zeiten sind vorbei.

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