Vom jungen Leben zu viert
Zwei französische und ein deutsches Streichquartett rangen um den Sieg im Mozartwettbewerb der Universität Mozarteum. Was ein Tag mit den Finalisten alles bringt.
Erst zum dritten Mal wurde heuer in der wechselvollen Geschichte des Mozartwettbewerbs der Universität Mozarteum eine Streichquartett-Konkurrenz durchgeführt. 1995 ging das Henschel Quartett siegreich hervor, erst 2014 folgte das aus vier Koreanern bestehende Novus String Quartet auf dem „Thron“. Heuer kämpften um diesen bei äußerst schwierigen Vorgaben acht Streichquartette, von denen die Jury unter Vorsitz von Lukas Hagen drei zu den Finalkonzerten zuließ: zwei französische und eine deutsche Formation, wobei letztere – das Eliot Quartett – aus zwei Russen, einem Austro-Kanadier und einem Deutschen besteht.
Was lehrt ein solcher Finaltag den Zuhörer, der im Gegensatz zur Jury den Weg von der Auswahl über die zwei Durchgänge mit Pflichtund Kürstücken nicht mitverfolgt hat (was bei Wettbewerbsentscheidungen ja immer mit einzukalkulieren ist)?
Zunächst: Die technische Qualität aller drei Quartette ist durchwegs auf bemerkenswertem Stand. In ihren Formationen spielen das Quatuor Akos seit 2015, die Eliots seit 2014 und die Geschwister Tchalik seit 2013 zusammen. Das ist nicht ganz unwichtig für den Reifegrad. Das jüngste der Quartette ist dabei noch deutlich auf dem Weg zu einer gemeinsamen Sprache, die Balance wirkt noch nicht gefestigt, oft schiebt sich dominant der Ton der Cellistin in den Vordergrund. Das Spezifikum der Akos-Gruppe: Sie spielen mit historischen Bögen, was eine leichtere, wendigere Artikulation möglich macht. Das wird man sicherlich in Zukunft noch deutlicher spüren; der 3. Platz ist ein gutes Anfangskapital. Schwieriger ist die Reihung an der Spitze. Da schlagen sicherlich auch individuelle ästhetische Vorlieben zu Buche, vor denen weder Jury noch Publikum „objektiv“gefeit sind. Beide Quartette weisen in ihren Biografien aus, dass sie Meisterschüler Günter Pichlers sind, des legendären Primarius des Alban Berg Quartetts. Das vermeint man mit erstaunlicher Präsenz vor allem beim Eliot Quartett durchzuhören. Maryana Osipova, Alexander Sachs, Dmitry Hahalin und Michael Preuss wählten fürs Finale Schwergewichte des Repertoires: Mozarts D-DurQuartett, KV 575, bei dem schon der wie luftig einfliegende Beginn, dann die Ausgestaltung des gewichtig-(über)langen Menuetts die eigene Note erkennen ließen, dann Bartóks 3. Quartett, cis-Moll, dessen strenge Form mit motorischer Leidenschaft so gekoppelt war, dass man sofort die Ohren für das organisch gebaute Ganze spitzte, und schließlich die gewaltige Dreiviertelstunde des a-Moll-Quartetts, op. 132, von Beethoven. Da rechtfertigt sich auch der Quartettname: Die späten Beethoven-Quartette waren für den Dichter T. S. Eliot Inspiration zu seinem letzten poetischen Werk, „Four Quartets“: eine doppelte Reverenz.
Das Eliot Quartet wagte also viel, nahm volles Risiko auch im Bewusstsein des nicht immer Perfekten. Aber der eigene Klang, ausgehend von einem energischbittersüßen Ton der Primgeigerin, faszinierte auf Anhieb. Da sitzen vier sehr junge Musiker und haben etwas zu erzählen: nachdrücklich, überlegt, draufgängerisch, aber nie unkontrolliert. Der Lohn: der 2. Preis.
Denn die Jury entschied sich letztlich doch für die so gut wie perfekte geschwisterliche Balance in den Darbietungen des siegreichen Quatuor Tchalik. Mozart, ein (etwas plakativ klingendes) neues Stück von Thierry Escaich und Brahms: Dem hörte man nicht ohne Interesse zu, bewunderte die „klassische“Ausgeglichenheit, die virtuose Beherrschung der Mittel, schließlich den großen romantischen „Sound“. Subjektives Gefühl freilich: Das kommt auch schon erstaunlich „glatt“, gleichsam souverän altklug daher, wo etwas mehr Frische, weniger Berechenbares, ein Hauch Ungebügeltheit den Interpretationen überraschenden Pfiff, zusätzliche Würze geben könnte. Aber hochrangig war das ohne Zweifel. Tipp: