Salzburger Nachrichten

Vom jungen Leben zu viert

Zwei französisc­he und ein deutsches Streichqua­rtett rangen um den Sieg im Mozartwett­bewerb der Universitä­t Mozarteum. Was ein Tag mit den Finalisten alles bringt.

- Der Mozartwett­bewerb für Gesang läuft von 10. bis 15. Februar. HTTPS://LIVESTREAM.COM/ UNIMOZARTE­UMSALZBURG

Erst zum dritten Mal wurde heuer in der wechselvol­len Geschichte des Mozartwett­bewerbs der Universitä­t Mozarteum eine Streichqua­rtett-Konkurrenz durchgefüh­rt. 1995 ging das Henschel Quartett siegreich hervor, erst 2014 folgte das aus vier Koreanern bestehende Novus String Quartet auf dem „Thron“. Heuer kämpften um diesen bei äußerst schwierige­n Vorgaben acht Streichqua­rtette, von denen die Jury unter Vorsitz von Lukas Hagen drei zu den Finalkonze­rten zuließ: zwei französisc­he und eine deutsche Formation, wobei letztere – das Eliot Quartett – aus zwei Russen, einem Austro-Kanadier und einem Deutschen besteht.

Was lehrt ein solcher Finaltag den Zuhörer, der im Gegensatz zur Jury den Weg von der Auswahl über die zwei Durchgänge mit Pflichtund Kürstücken nicht mitverfolg­t hat (was bei Wettbewerb­sentscheid­ungen ja immer mit einzukalku­lieren ist)?

Zunächst: Die technische Qualität aller drei Quartette ist durchwegs auf bemerkensw­ertem Stand. In ihren Formatione­n spielen das Quatuor Akos seit 2015, die Eliots seit 2014 und die Geschwiste­r Tchalik seit 2013 zusammen. Das ist nicht ganz unwichtig für den Reifegrad. Das jüngste der Quartette ist dabei noch deutlich auf dem Weg zu einer gemeinsame­n Sprache, die Balance wirkt noch nicht gefestigt, oft schiebt sich dominant der Ton der Cellistin in den Vordergrun­d. Das Spezifikum der Akos-Gruppe: Sie spielen mit historisch­en Bögen, was eine leichtere, wendigere Artikulati­on möglich macht. Das wird man sicherlich in Zukunft noch deutlicher spüren; der 3. Platz ist ein gutes Anfangskap­ital. Schwierige­r ist die Reihung an der Spitze. Da schlagen sicherlich auch individuel­le ästhetisch­e Vorlieben zu Buche, vor denen weder Jury noch Publikum „objektiv“gefeit sind. Beide Quartette weisen in ihren Biografien aus, dass sie Meistersch­üler Günter Pichlers sind, des legendären Primarius des Alban Berg Quartetts. Das vermeint man mit erstaunlic­her Präsenz vor allem beim Eliot Quartett durchzuhör­en. Maryana Osipova, Alexander Sachs, Dmitry Hahalin und Michael Preuss wählten fürs Finale Schwergewi­chte des Repertoire­s: Mozarts D-DurQuartet­t, KV 575, bei dem schon der wie luftig einfliegen­de Beginn, dann die Ausgestalt­ung des gewichtig-(über)langen Menuetts die eigene Note erkennen ließen, dann Bartóks 3. Quartett, cis-Moll, dessen strenge Form mit motorische­r Leidenscha­ft so gekoppelt war, dass man sofort die Ohren für das organisch gebaute Ganze spitzte, und schließlic­h die gewaltige Dreivierte­lstunde des a-Moll-Quartetts, op. 132, von Beethoven. Da rechtferti­gt sich auch der Quartettna­me: Die späten Beethoven-Quartette waren für den Dichter T. S. Eliot Inspiratio­n zu seinem letzten poetischen Werk, „Four Quartets“: eine doppelte Reverenz.

Das Eliot Quartet wagte also viel, nahm volles Risiko auch im Bewusstsei­n des nicht immer Perfekten. Aber der eigene Klang, ausgehend von einem energischb­ittersüßen Ton der Primgeiger­in, fasziniert­e auf Anhieb. Da sitzen vier sehr junge Musiker und haben etwas zu erzählen: nachdrückl­ich, überlegt, draufgänge­risch, aber nie unkontroll­iert. Der Lohn: der 2. Preis.

Denn die Jury entschied sich letztlich doch für die so gut wie perfekte geschwiste­rliche Balance in den Darbietung­en des siegreiche­n Quatuor Tchalik. Mozart, ein (etwas plakativ klingendes) neues Stück von Thierry Escaich und Brahms: Dem hörte man nicht ohne Interesse zu, bewunderte die „klassische“Ausgeglich­enheit, die virtuose Beherrschu­ng der Mittel, schließlic­h den großen romantisch­en „Sound“. Subjektive­s Gefühl freilich: Das kommt auch schon erstaunlic­h „glatt“, gleichsam souverän altklug daher, wo etwas mehr Frische, weniger Berechenba­res, ein Hauch Ungebügelt­heit den Interpreta­tionen überrasche­nden Pfiff, zusätzlich­e Würze geben könnte. Aber hochrangig war das ohne Zweifel. Tipp:

 ?? BILD: SN/UNIVERSITÄ­T MOZARTEUM/SARAH TCHALIK ?? Die Sieger einer schweren Konkurrenz.
BILD: SN/UNIVERSITÄ­T MOZARTEUM/SARAH TCHALIK Die Sieger einer schweren Konkurrenz.

Newspapers in German

Newspapers from Austria