Anselm Kiefer vernichtet seine Bilder
Der Künstler schüttet heißes Blei über Gemälde und erkennt: Da passiert Auferstehung.
Anselm Kiefer hat ein Zerstörungswerk geschaffen: Dafür hat er einige seiner bereits vollendeten Gemälde mit heißem Blei übergossen und dies in seinem Tagebuch so geschildert: „du wirst wieder ikonoklast, du gießt das heiße, versengende blei auf die bilder. du deckst nichts auf (...), sondern du deckst die leinwand brutal zu mit dem material, das die sonst alles durchdringenden strahlen abweist.“Was der Künstler dieser martialischen Methode, bei der er sich „auf dem feldherrnhügel“wähnt, abgerungen hat, ist ab morgen, Sonntag, in der Dependance der Galerie Ropac in einer einstigen Kesselfabrik in Pantin bei Paris zu besichtigen.
Die im Vernichten von Bildern entstandenen Bilder entfalten eine grandiose Sprache: Gewaltig breitet sich das erstarrte Blei in überwältigenden Dimensionen aus; viele Bilder sind 3,8 Meter breit, „Engel der Geschichte“misst gar 6,5 Meter. Neben und zwischen dem, was das Blei und die bis in Leinwand und Holz eindringende Hitze belassen haben, behaupten sich Farbtupfer. Da diese in der Wucht des erkalteten Graus bestehen, vermitteln sie eine betörend unzerstörbare des Überlebens.
Anselm Kiefer bekennt in dem im Katalog publizierten Tagebuch über die Vorbereitungen dieser Ausstellung: „dass es sicher ist, dass der zerstörung eine wiederauferstehung folgen wird.“Auch sonst kreist sein darin enthülltes Denken in Anbetracht seiner Arbeit an Bildern und Installationen für Pantin um Sehnsucht, Liebe und Angst sowie um philosophische Begriffe wie Emanation, Vernichtung und Erlösung. Er widmet dem italienischen Philosophen Andrea Emo ein Zartheit Bild sowie die gesamte Ausstellung. Denn bei diesem habe er Trost gefunden, bekennt Anselm Kiefer. Anders als der Philosoph Martin Heidegger, dem zufolge sich Zeit durch Zukunft ergebe, also durch die Vorwegnahme des Endes, habe Andrea Emo erkannt: „das neue entsteht aus uns, die wir die zukunft sind, wenn wir auf diese verzichten können.“Der Tod komme also nicht auf uns zu, sondern sei immer da.
Daraus folgert Anselm Kiefer: „nur ein ikonoklast kann ein guter künstler sein.“In jedem Arbeitsprozess werde eine Vielzahl von Möglichkeiten verworfen. Dazu zitiert er Paul Klee: „um ein bild zu schaffen, müssen hundert andere untergehen.“Das Verwerfen von Plänen und das Vernichten von Ideen setzt Anselm Kiefer in die Tat der Zerstörung um: „gestern zwei große fünf mittlere und eine anzahl ganz kleiner bilder mit heißem blei übergossen, dazu waren 4 tonnen blei nötig. manche davon wurden eine überraschung. eigentlich fast alle.“ Ausstellung: