Als Bettlerlager brannten, flüchtete Salzburger aus Nazi-Szene
Ein ehemaliger Neonazi erzählt über den Reiz des Verbotenen und warum Hass im Netz so gut gedeiht.
Weil er in die Neonazi-Szene abgerutscht ist, bekam Robert A. – seinen Namen will er nicht genannt wissen – mehrere Anzeigen wegen Wiederbetätigung. Die Kinder- und Jugendanwaltschaft half ihm beim Ausstieg. SN: Wir alle haben Bilder vom Klischee-Nazi im Kopf. Wie sind Sie in Ihrer Zeit als Neonazi aufgetreten? Robert A.: Ich hatte eine Bomberjacke und ein Paar Springerstiefel, um das Standardpaket im Kasten zu haben. Uniformiertes Auftreten ist auch einer der Hauptanziehungsgründe dieser Szene gewesen. Ansonsten hatte ich T-Shirts einiger von Neonazis verwendeter Marken, war aber auch oft wie jeder andere gekleidet. Das militante Aussehen spielt mittlerweile nicht mehr die Rolle, die es einmal hatte. SN: Was haben Sie als Neonazi getan? Die üblichen Geschichten. Gesoffen und Rechtsrock gehört, rechte Schmierereien und so. Ich habe ziemlich schnell erkannt, dass online mehr geht. Hauptsächlich waren es da Äußerungen, die verboten waren. Absolut gegen jede Vernunft. Das war auch ein Anreiz – das Verbotene. SN: Was hat Sie an Ausländern so gestört, und was an Juden? Zum damaligen Zeitpunkt hatte ich kaum mit Migranten zu tun, mit Juden gar nichts. Deswegen war es viel leichter, sie zu hassen. Hier hat der Sündenbock-Mechanismus leider gut gegriffen. Es gab da einfache Lösungen für schwierige Fragen und immer waren sofort die Schuldigen benannt. Menschen die Schuld für etwas zu geben, für das sie gar nichts können. Es waren diese stumpfen Antworten, die keiner so wirklich hinterfragte oder gar hinterfragen wollte. SN: Das muss für Eltern und Freunde schwer zu ertragen gewesen sein. Meine Eltern hatten wohl den Schock ihres Lebens. Rechtes Gedankengut gab es im näheren Umfeld nicht. Jedenfalls wünsche ich keinen Eltern, dass sie mit ihrem Sohn durch eine Glasscheibe kommunizieren müssen. SN: Dann gab es den Punkt, an dem Sie an den Ausstieg gedacht haben. Warum? Ich habe Kontakt mit Personen mit Migrationshintergrund aufgenommen und gesehen, was meine Szene anrichtet. Ich hatte kein Problem, solang es Gerede war. Sobald Bettlerlager brannten, hat das eine andere Dimension angenommen. Das ist ein längerer Prozess. SN: Haben Sie heute Angst vor den Menschen von damals? Nein. Einige von denen haben sich mittlerweile auch von der rechten Szene abgewandt. Ich brauchte weder neuen Namen noch Wohnort. SN: Was denken Sie heute über die Jahre in der Szene? Ich sehe zurück auf einen Abschnitt in meinem Leben, der unrühmlich ist. Im Nachhinein ist man halt immer schlauer. Trotzdem habe ich viel darüber gelernt, was gegenseitigen Respekt und soziales Verhalten angeht.
„Ich kannte keine Migranten. Deswegen war es leicht, sie zu hassen.“Robert A., Neonazi-Aussteiger
SN: Isst man als Neonazi anders? Ich war mit meinem Standpunkt, Kebab nicht zu essen, ziemlich allein, aber ich war halt auch Purist. Bei den Leuten, die ich kennengelernt habe, hört sich der Rassismus beim Essen auf.