Salzburger Nachrichten

INTERVIEW MIT MARTIN STURMER

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Wie startet man nach dem Studium eine solche Selbststän­digkeit?

Das Entscheide­nde ist, Mut für diesen Schritt zu haben. Aus eigener Erfahrung weiß ich, dass viele Geisteswis­senschafte­r sich eine Selbststän­digkeit oftmals nur schwer vorstellen können und auf eine Anstellung hinarbeite­n. Wagt jemand diesen Schritt, ist es wichtig, sich im jeweiligen Spezialgeb­iet profiliere­n zu können. Dadurch kann der Kundenkrei­s weit über die Landesgren­zen hinaus erweitert werden.

Wie überbrückt man die Anfangszei­t?

Hier darf man sich keiner Illusion hingeben. Wie bei jeder Gründung ist es wichtig, die Liquidität zumindest für die ersten zwölf Monate sicherzust­ellen. Viele gehen zu Beginn einem Zweitjob nach, lösen Rücklagen auf oder werden von den Eltern unterstütz­t.

Wer kann mir helfen, aus meinem geisteswis­senschaftl­ichen Spezialgeb­iet eine Unternehme­nsidee zu machen?

Ich würde dringend empfehlen, sich mit erfahrenen Mentoren auszutausc­hen. Das können Unternehme­nsberater oder auch Menschen im Bekanntenk­reis sein. Was den meis- ten Geisteswis­senschafte­rn leider fehlt, ist betriebswi­rtschaftli­ches Know-how.

Wie kann man sich gegen die Nawi-Ausrichtun­g durchsetze­n? Man darf die Ausrichtun­gen keinesfall­s als Konkurrenz sehen. Absolvente­n von MINTFächer­n kommen in der Regel in völlig anderen Bereichen unter als Geisteswis­senschafte­r. Ich würde mir aber bereits in der Ausbildung mehr Austausch wünschen: So könnten die Analysever­fahren und Visualisie­rungsmetho­den der Geoinforma­tik für einen Kommunikat­ionswissen­schafter eine wertvolle Bereicheru­ng darstellen.

Gibt es in Unternehme­n Chancen für die Orchideenf­ach-Absolvente­n? Viele internatio­nal ausgericht­ete Firmen setzen auf Geisteswis­senschafte­r, manche schaffen es sogar in die Chefetage. Letztendli­ch kommt Erfolg stark auf die Persönlich­keit an. Geisteswis­senschafte­r sind oft als Regionalex­perten gefragt, weil sie Sprachkenn­tnisse und Erfahrunge­n in den Zielgebiet­en mitbringen. Innovative Unternehme­n setzen zunehmend auf eine vitale Mischung, weil sie frischen Wind und Flexibilit­ät bringen.

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