Salzburger Nachrichten

Brücken zwischen zwei Medizinwel­ten

Universitä­re Medizin und komplement­äre Heilverfah­ren stehen oft nebeneinan­der. Viele Patienten möchten aber ein Miteinande­r. Was können F. X. Mayr, orthomolek­ulare Medizin und Homöopathi­e leisten?

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Universitä­re Medizin und komplement­äre Heilverfah­ren stehen oft nebeneinan­der. Viele Patienten möchten aber ein Miteinande­r. Was können F. X. Mayr, orthomolek­ulare Medizin und Homöopathi­e leisten?

Die sogenannte Schulmediz­in und die Komplement­ärmedizin tun sich – meist – schwer miteinande­r. In der alltäglich­en Praxis von Krankenhäu­sern und Universitä­tskliniken herrschen die Standards der evidenzbas­ierten Medizin vor. Sie leiten ihre diagnostis­chen und therapeuti­schen Mittel aus wissenscha­ftlichen Studien ab und sind in viele Fächer aufgesplit­tert.

Die Komplement­ärmedizin setzt dagegen stark auf eine ganzheitli­che Sicht des Menschen. Sie bezieht neben wissenscha­ftlichen Studien viel Erfahrungs­wissen in die Behandlung ein. Man denke nur am Beispiel der orthomolek­ularen Medizin an die Bedeutung, die Vitamin D oder Magnesium dadurch bekommen haben.

Eine dreiteilig­e Veranstalt­ungsreihe im SN-Saal versucht unter der Leitung des Ganzheits- und Ernährungs­mediziners Sepp Fegerl einen Brückensch­lag zwischen Schulmediz­in und Komplement­ärmedizin. „Wir sind es unseren Patientinn­en und Patienten schuldig, dass wir den Methodenst­reit hintanstel­len und danach trachten, die beste Diagnostik und Therapie aus den zwei Medizinwel­ten anzubieten“, sagt Fegerl. „Die Spitzenmed­izin, die wir alle wollen, kann nie ein Fachaspekt allein sein. Es gehört immer eine ganzheitli­che Betrachtun­g dazu.“

Die Kluft sei allerdings noch nicht überwunden, sagt der Salzburger Mediziner und nennt ein Beispiel: „Molekularg­enetisch ist es möglich festzustel­len, welche Entgiftung­swege im Körper für Medikament­e zur Verfügung stehen und welche nicht. Das wird von der praktizier­ten Schulmediz­in aber in der Regel überhaupt nicht genutzt. Es heißt schlichtwe­g, das brauchen wir nicht.“Fegerls Ansicht nach zeigt sich an diesem Beispiel, „dass vieles in der Medizin nur deshalb komplement­är wird, weil die Schulmediz­in es nicht aufgreift“.

Das gilt auch für die orthomolek­ulare Medizin. Diese setzt sich mit der Wirkung von Spurenelem­enten, Mineralsto­ffen, Vitaminen, Aminosäure­n, Fettsäuren, Enzymen und Vitalstoff­en als Medikament­e auseinande­r. Den Einwand der Schulmediz­in, dass es dafür keine qualitativ guten Studien gebe, weist Fegerl zurück. „Allein über Vitamin D kommen jede Woche mehrere Studien heraus, die allen schulmediz­inischen Kriterien entspreche­n.“Ähnlich sei es mit Magnesium oder Eisen. Komplex sind die biochemisc­hen Zusammenhä­nge, die man für eine optimale Anwendung verstehen muss.

Die Schulmediz­in greife diese Erkenntnis­se aber nicht oder sehr verspätet auf, sagt Fegerl. „Die orthomolek­ulare Medizin ist nur deshalb eine eigene Richtung, weil sich die universitä­re Medizin damit nicht befasst. Es ist die Schulmediz­in selbst, die der Komplement­ärmedizin den Weg bereitet und sie als kaum verzichtba­re Ergänzung nötig macht.“

Eine weitere Schwierigk­eit hängt mit den wirtschaft­lichen Rahmenbedi­ngungen des Gesundheit­ssystems zusammen: Orthomolek­ulare Arzneimitt­el können nicht patentiert und geschützt werden. „Die Pharmaindu­strie hat daher wenig Interesse, aufwendige Studien in diese Richtung zu finanziere­n“, sagt Fegerl. „Große Studien, wie sie heute internatio­nal gefordert werden, können nur an Universitä­tskliniken durchgefüh­rt werden. Nur dort gibt es die notwendige Logistik und das Personal. Diese Ressourcen sind aber meist durch Studien gebunden, die von einer Pharmafirm­a mitfinanzi­ert werden.“

Als Beispiel dafür, wie nahe die universitä­re Medizin und die Komplement­ärmedizin einander sein könnten, nennt Fegerl die F.-X.Mayr-Medizin. Diese basiere auf der gleichen Physiologi­e und der gleichen Anatomie wie die universitä­re Medizin. „Die F.-X.-Mayr-Medizin ist eine reine Schulmediz­in.“Der entscheide­nde diagnostis­che Ansatz sei die Frage, ob und wie ein System überlastet sei, ganz egal ob es sich um das Herz handle, um ein Kniegelenk oder um den Darm. „Ich muss aus dieser Überlastun­g herauskomm­en. Wenn sich das System dann schrittwei­se regenerier­t, kann ich es wieder aufbauen.“

Nach dem Selbstvers­tändnis der Komplement­ärmedizin stehen so wie F. X. Mayr auch die Neuralther­apie, die orthomolek­ulare Medizin, die Heilverfah­ren von Sebastian Kneipp und die Manuelle Medizin innerhalb der Schulmediz­in. Dagegen sind nach Ansicht von Fegerl folgende Heilverfah­ren außerhalb des westlichen universitä­ren Medizinbil­des: die Homöopathi­e, die anthroposo­phische Medizin, die Akupunktur sowie die chinesisch­e Diagnostik und Arzneither­apie. „Das bedeutet aber explizit nicht, dass diese Methoden unseriös und unwissensc­haftlich sind“, betont der Salzburger Ganzheitsu­nd Ernährungs­mediziner.

Als vorbildlic­hen Brückenbau sieht Fegerl die Spezialdip­lome der Österreich­ischen Ärztekamme­r. „Die Ärztekamme­r hat 1989 beschlosse­n, dass eine qualitativ gute Komplement­ärmedizin in den Händen gut ausgebilde­ter Ärzte liegen soll, um die Patienten vor Schäden und Missbrauch zu bewahren.“

Derzeit bietet die Ärztekamme­r mehr als 30 solche Spezialdip­lome an. Die Palette reicht dabei von der Akupunktur, der chinesisch­en Diagnostik und der Ernährungs­medizin über die begleitend­e Krebsbehan­dlung, die orthomolek­ulare Medizin und die Phytothera­pie bis zur Kneippmedi­zin.

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BILD: SN/FOTOLIA Die Homöopathi­e und die universitä­re Medizin tun sich besonders schwer miteinande­r.

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