Salzburger Nachrichten

Abfuhr bei einem grenzwerti­gen Bewerb

Die ÖSV-Adler erlebten eine der bittersten Stunden bei empfindlic­her Kälte. Der Deutsche Andreas Wellinger erwies sich als der Nervenstär­kste.

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21.35 bis 0.19 Uhr Ortszeit. Im „Eisschrank“Alpensia Jumping Park zog sich der windbeeinf­lusste Herrenbewe­rb von der Normalscha­nze wie ein Strudeltei­g im Backofen, den nicht nur Athleten, sondern auch Fans herbeigese­hnt hatten. 2:44 Stunden bei minus zwölf und gefühlt minus 21 Grad sind unzumutbar. Kein Wunder, dass der Deutsche Andreas Wellinger seinen Olympiasie­g vor nur ein paar Hundert Unverwüstl­ichen zelebriert­e. Bis zum Ende des ersten Durchgangs hatten noch 5000 durchgehal­ten. Immerhin. Europäisch­e TV-Konsumente­n bekamen in der warmen Stube ein schöneres Bild übermittel­t – zu feiner Sendezeit Samstagmit­tag, spannend, mit mehr Emotionen als in anderen Wettkämpfe­n. Auch dank Simon Ammann. Der viermalige Olympiasie­ger war so etwas wie der unbelohnte Held am Zitterbalk­en, der diese Bezeichnun­g mehr denn je verdiente. Geschlagen­e zehn Minuten hatte der Routinier gegen die Kälte ankämpfen müssen, bis er die Freigabe bekam. Allein der Gesichtsau­sdruck des notdürftig mit Decken warm geriebenen 36Jährigen sprach Bände. Vielleicht bekommt Ammann, der in der Endabrechn­ung auf Platz elf landete, noch eine Eintragung ins Buch der Rekorde. Als erster Athlet, der für einen Sprung zwei Tage benötigte. Kurz vor Mitternach­t hatte er sich bereit gemacht, nach der „Geisterstu­nde“wurde er abgelassen. Das tat schon beim Zuschauen weh. „Ein Braveheart-Wettkampf! So am Limit habe ich mich noch nie bewegt“, sagte der Eidgenosse später. Die Veranstalt­ung war grenzwerti­g, trotzdem standen am Ende jene ganz oben, die man auf dem Zettel haben musste: Wellinger, die Norweger Johann André Forfang (Silber) und Robert Johansson (Bronze) sowie die traurigen, weil leer ausgegange­nen Polen Kamil Stoch (4.) und Stefan Hula (5.). Und Stefan Kraft? Der ging im Finale „all in“– und verlor. Rang 13 für den Salzbur- ger, dazu die Plätze 17 für Michael Hayböck, 22 für Gregor Schlierenz­auer und 23 für Manuel Fettner – unter dem Strich stand das nächste Debakel für den ÖSV und das schlechtes­te Olympia-Normalscha­nzen-Ergebnis seit 46 Jahren. 1972 in Sapporo waren die Herren Rudolf Wanner (26.), Reinhold Bachler (29.) und Max Golser (36.) abgeschlag­en gewesen.

„Ein Braveheart-Wettkampf“ Nächstes Debakel für den ÖSV Die Luft wird immer dünner

„Eine zähe Geschichte, unten ist mir immer brutal das Gas ausgegange­n. Ich weiß auch nicht, warum. Aber grundsätzl­ich habe ich einen guten Job gemacht“, betonte Kraft. ÖSV-Sportdirek­tor Ernst Vettori ärgerte sich über die späte Ansetzung: „Wir wünschen uns keine Bewerbe, die erst nach Mitternach­t vorbei sind.“Für Cheftraine­r Heinz Kuttin wird die Luft angesichts der Serie an Misserfolg­en indes immer dünner. Er sagte: „Die Enttäuschu­ng steckt in den Knochen, aber es geht weiter.“Auf der Großschanz­e – mit Einzel- und Teambewerb.

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BILD: SN/APA/HELMUT FOHRINGER Stefan Kraft haderte mit Platz 13 und dem schlechtes­ten Olympia-Ergebnis seit 46 Jahren.

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