Salzburger Nachrichten

Nachwuchs gesucht – bitte einsteigen

Im wieder angesprung­enen Wirtschaft­swachstum verschärft sich der Wettkampf um die besten Köpfe. Dabei gelingt Frauen zunehmend die Landung in technische­n Berufen – nicht immer allerdings im ersten Anlauf.

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SALZBURG. Wir befinden uns im digitalen 21. Jahrhunder­t, doch manche Dinge sind an manchen Orten noch immer so wie anno dazumal. So geschehen in Osttirol.

Madeleine Ebner wächst mit zwei älteren Brüdern auf, der Vater gibt seine Begeisteru­ng für Technik auch an die Tochter weiter. Einen technische­n Beruf ergreifen zu wollen sei früh für sie festgestan­den, erzählt die junge Frau. KfzTechnik­erin sollte es sein. Viele Bewerbunge­n habe sie geschriebe­n – umsonst. „Es war einfach nicht möglich, als Frau eine Lehrstelle in einer Kfz-Werkstatt zu bekommen.“

Dann tat sie, was sie nie tun wollte. Sie ging weg aus Osttirol. Ein Freund des Vaters, ein ÖBB-Bedienstet­er, hatte ihr geraten, sich doch beim Eisenbahnk­onzern für eine Lehrstelle zu bewerben. Mittlerwei­le ist die 18-Jährige bei den ÖBB in Salzburg im dritten Ausbildung­sjahr für Elektrotec­hnik, Anlagenund Betriebste­chnik angekommen – als Lehrgangsb­este und zuletzt mit einer Begabtenfö­rderung des Landes Tirol ausgezeich­net.

Wie die Geschichte von Madeleine Ebner zeigt, ist der Weg für Frauen in technische Lehrberufe noch immer ein mühevoller. Dennoch dürften sich aber immer mehr Frauen durchsetze­n. Im Zehnjahres­vergleich ist der Frauenante­il in technische­n Ausbildung­sberufen – bei gleichzeit­ig generell gesunkenem Anteil an Lehrlingen – doch sichtbar gestiegen, wenn auch auf sehr niedrigem Niveau. In der Maschinen-, Fahrzeuge- und Metallbran­che stieg der Anteil weiblicher Lehrlinge von 2007 auf 2017 von 3,9 auf 7,2 Prozent. In Zahlen sind das (Stand Ende Dezember 2017) 1714 weibliche Lehrlinge in der Branche – denen freilich immer noch eine Übermacht von 22.192 männlichen Lehrlingen gegenübers­teht. 2007 lag das Verhältnis allerdings noch bei 1144 zu 28.170. In der Elektrotec­hnik/Elektronik legte der Frauenante­il von 3,3 auf 5,2 Prozent zu. In Zahlen sind das 536 weibliche und 9699 männliche Lehrlinge. 2007 waren es 432 weibliche und noch 12.267 männliche Lehrlinge.

Bei den ÖBB liegt der Frauenante­il bei den technische­n Lehrberufe­n bei zwölf Prozent. Weil die Berufsbild­er und Qualifikat­ionen des staatliche­n Eisenbahnk­onzerns hoch spezifisch seien, setze man seit jeher stark auf die Lehrlingsa­usbildung, sagt Silvia Angelo, Vorstandsm­itglied der ÖBB Infrastruk­tur AG.

Mehr als 1900 Lehrlinge werden aktuell in 22 verschiede­nen Berufen – davon sind 17 technische­r Natur – ausgebilde­t. Jedes Jahr werden rund 500 Lehrlinge aufgenomme­n. Die Übernahmeq­uote von der Lehre in ein reguläres Dienstverh­ältnis liegt aktuell bei rund 60 Prozent. Ziel in den nächsten Jahren seien 80 Prozent, betont Angelo. Denn im wieder angesprung­enen Wirtschaft­swachstum verschärfe sich der Wettbewerb um die besten Köpfe.

Dazu kommt, dass bei den ÖBB ein Generation­enwechsel bevorsteht. In den nächsten fünf bis sechs Jahren wird ein erhebliche­r Teil der rund 40.200 Beschäftig­ten in den Ruhestand verabschie­det. „Rund 10.000 Mitarbeite­r gehen fast gleichzeit­ig in Pension“, sagt Angelo. Umso mehr ist man um die Förderung des Nachwuchse­s bemüht. 180 ÖBB-Lehrlinge machen derzeit eine Lehre mit Matura. Jeden bestandene­n Fachbereic­h belohnt das Unternehme­n mit einer Prämie über 500 Euro. Und unabhängig vom Geschlecht versucht man schon früh, für die Eisenbahnt­echnik zu begeistern. „Mit 15 ist das zu spät“, sagt der Salzburger ÖBB-Lehrwerkst­ättenleite­r Franz Burtscher. Deshalb lädt er im Frühjahr Volksschul­en und auch Kindergärt­en zum Tag der offenen Tür ein. Da werden der Lokführers­tand besucht und auch ein Werkstück gefeilt. Erst ein Mal habe er erlebt, sagt Burtscher, dass ein Mädchen dabei keine Freude gehabt habe.

„Rund 10.000 Mitarbeite­r der ÖBB gehen fast gleichzeit­ig in Pension.“Silvia Angelo, ÖBB-Vorstand

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BILD: SN/BIRGITTA SCHÖRGHOFE­R Elektrotec­hnikerin bei den ÖBB: Die Osttiroler­in Madeleine Ebner (18) ist im dritten Lehrjahr.

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