Ein Anlegerschützer tritt ab
Eine Stiftung beerbt den Interessenverband für Anleger IVA, bisher die Stimme der Kleinanleger. Im Rückblick erklärt IVA-Chef Wilhelm Rasinger, warum jetzt ein Neustart erforderlich ist.
WIEN. Der Interessenverband für Anleger (IVA), die prominenteste heimische Stimme für Anleger, stellt sich auf neue Beine. Der langjährige IVA-Präsident Wilhelm Rasinger (69) zieht sich schrittweise zurück, künftig soll eine gemeinnützige Stiftung die Interessen der heimischen Anleger am Kapitalmarkt wahrnehmen. Rasinger bleibt unterstützend im Beirat tätig.
Mit dem Generationenwechsel soll auch ein veränderter Schwerpunkt einhergehen, kündigt Dominik Hojas (31) an, Chefredakteur des Magazins „Der Börsianer“und nominierter Vorsitzender des dreiköpfigen Vorstands der IVA-Stiftung, die Ende April ihre Tätigkeit aufnehmen soll. Er sei „im Herzen Unternehmer, aus Leidenschaft Börsianer und von Beruf Journalist“, beschreibt er sich selbst.
Der Fokus der IVA-Stiftung soll sich mehr in Richtung institutionelle Anleger – wie Banken, Versicherungen oder Pensionskassen – verlagern. Man wolle „eine Interessenvertretung für alle Anleger in Österreich sein“, kündigt das Vorstandstrio der IVA-Stiftung an, das aktuell noch mit der Ausarbeitung der Stiftungsurkunden befasst ist.
Neben Hojas gehören dem Team auch die Veranlagungsexpertin Erika Karitnig (Jahrgang 1972) und Unternehmensberater Thomas Melzer (Jahrgang 1970) an. Karitnig war zuvor als Assetmanagerin für Veranlagungsgesell-schaften wie Raiffeisen KAG, Volksbank Invest KAG und Veranlagungschefin für Amundi Austria, die vormalige Bawag P.S.K. Invest, tätig. Melzer leitete die Investorenkommunikation beim Baustoffhersteller Wienerberger, bevor er als Finanzchef zur börsenotierten Softwarefirma Brain Force wechselte, zuletzt war er Finanzvorstand von Wolford in Bregenz.
Seit er sich seit 1999 zunehmend für Anlegerinteressen engagiert habe, habe sich auf dem Gebiet sehr viel getan, zieht Rasinger Bilanz. Die Wahrnehmung von Anlegerinteressen und Aufsichtsratsmandaten sei zunehmend anspruchsvoller und zeitaufwendiger geworden. Anders als bei ihm könne man heute diese Tätigkeit nicht mehr quasi als Freizeitbeschäftigung „aus dem Privatbüro“bewältigen.
Zudem hätten neue Regulatorien wie die EU-Richtlinie MiFID, spezialisierte Anwaltskanzleien sowie Sammelklägerplattformen (wie Cobin Claims) den Anlegerschutz auf professionellere Beine gestellt. Abgesehen davon: „Der beste Anlegerschutz ist Financial Education“, also die fundierte Vermittlung von Wissen in Finanzdingen, betont Rasinger. Erst solche Aus- und Weiterbil- dung in Geldangelegenheiten könne Anleger dazu ermächtigen, „nicht nur naiv und infantil ihr Heil im Sparbuch zu suchen“.
Er sei „ein begeisterter Fan der Wiener Börse seit Jahrzehnten“– und damit gut gefahren, „ohne ein Spekulant zu sein“. Dafür habe er freilich auf Veranlagungen etwa in Meinl-Papiere verzichtet.
In Börsedingen sei das „Interesse des breiten Publikums abnehmend“, konstatiert Rasinger. Unter anderem sieht er die tiefen Zinsen mitverantwortlich, dass sich Anleger vom Kapitalmarkt abgewendet hätten – das sei freilich nicht Schuld der Börse, sondern der Geldpolitik.
Das Führungstrio der IVA-Stiftung verstehe sich in erster Linie als Kommunikationsplattform, die Information und Bildung ebenso wie die Infrastruktur für den Kapitalmarkt verbessern und die Investorenvielfalt steigern wolle, sagt Hojas. Für diese Anliegen habe man bei den größten Börsenunternehmen „überraschend viel Zuspruch“gefunden“, sagt Melzer. Um einen Anstieg der Zahl der Anleger am heimischen Aktienmarkt zu erreichen, genüge der Fokus auf private Kleinanleger nicht mehr. Der IVA habe bereits bisher Aufgaben für institutionelle Investoren wahrgenommen, etwa die Ausübung von Stimmrechten.
Die Finanzierung der IVA-Stiftung sei gesichert, heißt es. Details über Dotierung und Stifter soll es erst ab der Gründung im April geben. Es befänden sich Emittenten, also börsenotierte Unternehmen, darunter, aber keine Interessenvertretungen oder Parteien.
„Heimischen Kapitalmarkt stärken.“Dominik Hojas, Vorstand IVA-Stiftung