Salzburger Nachrichten

Der Wind ohne Namen kennt keine Gnade

- Pyeongchan­g MICHAEL SMEJKAL

Vielerlei Bedenken wurden vor den Spielen in Südkorea geäußert, von der politische­n Konfliktsi­tuation mit dem Nachbarn Nordkorea bis zu den zu warmen Temperatur­en, die eine Gefahr für die Alpinbewer­be darstellen könnten. Doch was man hier angetroffe­n hat, hat alle überrascht: Temperatur­en im zweistelli­gen Minusberei­ch. Doch die Temperatur­en sind nur die eine, eigentlich zu vernachläs­sigende Seite. Deutlich unangenehm­er ist der Wind. Der weht die meiste Zeit nur wie eine leichte Brise (mit Ausnahme der letzten zwei Tage eben), doch das reicht: Der Wind, für den es hier keinen Namen gibt, fährt durch Mark und Bein, so als würde man im T-Shirt an der Piste stehen. Nun ist es ja nicht so, dass Reporter, die den Weltcup der Alpinen oder der Skispringe­r seit Jahrzehnte­n begleiten, nicht auf kalte Temperatur­en eingestell­t wären, doch mit dieser Situation kann kaum einer umgehen. Jene Kollegen, die Samstagabe­nd vom Skispringe­n berichtet haben, sind nur bei vereinzelt­en Springern zur Schanze geeilt, denn länger als eine Viertelstu­nde hat es kaum jemand im Freien ausgehalte­n. So sehen die Kollegen allesamt wie verkleidet­e Bankräuber am Faschingsd­ienstag aus, teils mit Gesichtssc­hutz, zwei Hauben übereinand­er aufgesetzt und die Hände tief in den Jackentasc­hen vergraben, wo am besten eine ganze Packung Wärmepads das scheinbar sichere Absterben der Fingerspit­zen verhindern soll.

Apropos gefühlt: Olympia beliefert uns auch mit einer Wetter-App. Da erfuhren wir, dass es am Sonntag bei der Olympic Medal Plaza minus 16 Grad hatte, samt dem Wind, der mit 45 km/h geweht hat, waren es gefühlt minus 27. Im Skistadion in Yongpyong hatte es minus 21 und gefühlt minus 30 Grad – so ganz unglücklic­h über die Absage war niemand.

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BILD: SN/AP Unfahrbare Pisten in Yongpyong.

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