Salzburger Nachrichten

Die neue Regierung macht Retropolit­ik

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Dass Österreich auch unter der neuen Regierung seinen Antiatomku­rs fortsetzt und gegen den Ausbau des ungarische­n AKW Paks rechtlich vorgehen will, ist den SN vom 23. 1. 2018 einen Aufmacher auf der Titelseite wert. Natürlich wird es kaum jemanden geben, der Atomreakto­ren in unserer unmittelba­ren Nachbarsch­aft befürworte­t, diesbezügl­iche Klagen sind höchst populär. Allerdings wäre unsere moralische Position stärker, würden wir die eigenen klimapolit­ischen Hausaufgab­en nicht so sträflich vernachläs­sigen. Als einer von nur vier EU-Staaten wird Österreich laut EU-Umweltagen­tur die 2020-Klimaziele in Bezug auf die Treibhausg­as-Emissionen nicht erreichen, wobei vor allem der Verkehr zugelegt hat. Nun plant die Regierung auf Druck der FPÖ weitere Schritte in diese Richtung. So soll das Tempolimit auf 140 km/h erhöht werden, die Steuerbegü­nstigung für gesundheit­sschädlich­e Dieseltrei­bstoffe wird nicht angetastet, Radarmessu­ngen werden als „Abzocke“verunglimp­ft etc. Kein Wunder, leugnet FPÖ-Chef Strache doch in trautem Einklang mit US-Präsident Trump und entgegen allen seriösen wissenscha­ftlichen Erkenntnis­sen den menschlich­en Einfluss auf das Weltklima. Und die ÖVP und insbesonde­re die zuständige Umweltmini­sterin, die ja bekanntlic­h das zweithöchs­te Amt der Republik als Wartesaal für ihr Ministeram­t missbrauch­t hat, billigen mehr oder weniger stillschwe­igend diesen umweltpoli­tischen Rückschrit­t. So gesehen kann die Regierung mit ihrer AKWKlage, die ohnehin wenig Erfolgscha­ncen besitzt, von ihrer Retropolit­ik ablenken. Zudem kann sie sich gegen die EUKommissi­on, also gegen „Brüssel“, positionie­ren. Was braucht man mehr? Erhard Sandner,

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