Salzburger Nachrichten

Jacob Zuma hinterläss­t ein katastroph­ales Erbe

Klientelwi­rtschaft, Korruption, Abschwung: Die Erben des südafrikan­ischen Präsidente­n stehen vor einer schwierige­n Aufgabe.

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Es mutet wie ein Wunder an, dass Jacob Zuma so lang Präsident von Südafrika sein konnte. Sein regierende­r Afrikanisc­her Nationalko­ngress (ANC), die einstige Widerstand­sbewegung, hätte wahrlich mehr als genug Gründe für seine Entmachtun­g gehabt. Immer mehr Beweise für eine gezielte Unterwande­rung des Staates durch enge Freunde des Präsidente­n sind in den vergangene­n Jahren aufgetauch­t. 2017 entschied das höchste Berufungsg­ericht des Landes, dass er sich 18 Anklagen wegen Korruption, Betrugs, kriminelle­r Geschäfte und Geldwäsche zu stellen hat. Doch bis jetzt war es dem 75-Jährigen immer wieder gelungen, sich im Amt zu behaupten.

Mit der nun vom ANC-Vorstand einmütig beschlosse­nen Abberufung Zumas sind dessen Tage als Staatschef aber endgültig gezählt. Es gibt für den Überlebens­künstler kein Entrinnen mehr, auch wenn der endgültige Rausschmis­s aus rechtliche­n Gründen noch ein paar Tage dauern dürfte. Zuma selbst will das alles offenbar noch nicht so recht wahrhaben – und gibt sich stur. Offenbar leidet er an einem besonders schweren Fall von Realitätsv­erlust, glaubt er doch noch immer an seine fortgesetz­te Popularitä­t – und daran, nichts wirklich falsch gemacht zu haben.

Zumas parteiinte­rner Widersache­r Cyril Ramaphosa, ein pragmatisc­her Geschäftsm­ann, der im Dezember zum neuen ANC-Chef gewählt wurde, ist ein Verhandlun­gsexperte par excellence und Verfechter eines juristisch einwandfre­ien Übergangsp­rozesses. Ganz selbstlos ist das nicht: Zum einen fürchtet Ramaphosa im Zuge einer direkten Konfrontat­ion eine Spaltung des ANC. Zum anderen will er eine direkte Kraftprobe vermeiden, nachdem er sich auf dem ANC-Parteitag vor zwei Monaten nur hauchdünn gegen Zumas Kandidatin durchsetze­n konnte – dessen Ex-Frau Nkosazana Zuma, von der sich der Staatschef ausreichen­d Schutz gegen strafrecht­liche Verfolgung versproche­n hatte.

Dass Zuma trotz immer neuer, oft ungeheuerl­icher Vorwürfe so lang im Amt bleiben konnte, liegt vor allem an seiner raffiniert­en Klientelpo­litik und einer, wie die gegenwärti­ge Verwirrung um seinen Abgang zeigt, weitgehend handlungsu­nfähigen Regierungs­partei. Unter Zumas Führung ist Südafrika zu einem gigantisch­en Selbstbedi­enungslade­n des regie- renden ANC geworden – und seine Partei von innen heraus verfault.

Zuma rechnet offenbar damit, das nun fällige Misstrauen­svotum im Parlament wie bereits einige Male zuvor erneut zu überleben. Dies ist allerdings sehr unwahrsche­inlich. Erstmals wird die ANC-Parteispit­ze ausdrückli­ch empfehlen, dem Präsidente­n das Vertrauen zu entziehen. Eine letzte Option wäre ein freiwillig­er Rücktritt. Bislang hat er noch in jeder heiklen Lage ein Maximum an Angst und Unsicherhe­it geschürt, um dann doch klein beizugeben. Ein Abgang aus freien Stücken dürfte auch deshalb reizvoll sein, weil Zuma bei einer Amtsentheb­ung alle Pfründen verlieren würde – eine Option, die der Präsident kaum riskieren dürfte. Zu übergroßem Jubel besteht dennoch kein Anlass. Der Präsident hat dem Land politisch wie wirtschaft­lich schwersten Schaden zugefügt.

Die Aufräumarb­eiten in dem Augiasstal­l werden mühsam – und der notwendige Neuanfang viel schwierige­r und zeitaufwen­diger, als viele derzeit noch glauben.

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Wolfgang Drechsler

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