Ein Lichtweg wird zum Kreuz
In Klagenfurt behindern 129 Kerzen Sicht und Weg. Graz bietet ein multimediales Fastentuch.
Das bequeme Umhergehen in der Kirche ist empfindlich gestört. Das Hindernis? Ein aus Metallstäben gebildetes Kreuz im Mittelgang des Klagenfurter Doms. Die Installation des 69-jährigen Kärntner Künstlers Brandy Brandstätter heißt schlicht und einfach „Das Kreuz im Weg“und ist vielfältig interpretierbar. „Das Kreuz ist der Weg. Das Kreuz ist kein Gegenstand, sondern ein dynamischer Prozess des Gehens“, sagt etwa der Klagenfurter Dompfarrer Peter Allmaier.
Brandstätters Installation, die heute, am Aschermittwoch, mit der Aufführung der „Berliner Messe“von Arvo Pärt eröffnet und bis Ostern zu sehen sein wird, ist Teil der Veranstaltungsreihe „Kunst im Dom“. Für „Das Kreuz im Weg“hat Brandy Brandstätter auf dem Marmor-Schiefer-Fußboden des Doms Eisenschienen, an denen Niro-Rohre befestigt sind, verlegen lassen. Die 129 Metallrohre formen – aus der Vogelperspektive betrachtet – ein schräg im Raum liegendes, lateinisches Kreuz, das als Behinderung empfunden werden kann.
Der Blick auf den Hochaltar ist ebenso behindert wie auf das Geschehen am Altar. „Wer am Gottesdienst mitfeiert, muss sich bewegen, um eine möglichst freie Sicht zu haben“, betont Dompfarrer Allmaier. Damit, so die Grundüberlegung der künstlerischen Arbeit, werden die Kirchenbesucher zu einem Teil der Installation. Jedem Niro-Rohr ist zudem eine rote Kerze aus leicht rinnendem Wachs aufgesetzt. Werden sie entzündet, rinnt Wachs über die Rohre auf den Boden. Damit soll der Eindruck von geronnenem Blut erzeugt werden – ein Hinweis auf Karfreitag.
Szenenwechsel in die Grazer St.-Andrä-Kirche. Hier präsentiert der im Salzburger Innergebirg geborene Igor F. Petković sein Projekt „ASCHErMITtwochstransFORMationEN“. Ein großes, dem Hochaltar vorgelagertes Trampolin dient als Projektionsfläche für einen Film, der an einem serbischen Donauufer entstanden ist. Ebendort entdeckte der 32-jährige Künstler illegal ent- sorgte Fertigteile aus Beton, deren Formen an Kreuze erinnerten. „Ich habe diese Kreuze sofort als Mahnmale für geplatzte Träume und für die Toten gesehen, die hier unschuldig im Fluss gestorben sind“, sagt Igor F. Petković in Anspielung auf die Zeit seit 1716, als hier Prinz Eugen die Osmanen in einer Schlacht besiegt hatte.
Der 32-Jährige stellte die rund 2000 Stück Betonkreuze am Flussufer auf, filmte und fotografierte diese Szenerie. Diese bewegten Bilder werden in St. Andrä in Kombination mit Musikimprovisationen zu einem multimedialen Fastentuch: ein bildmächtiger Essay über die Last der Geschichte, Vergänglichkeit, Erinnerung und – so stellt Petković fest – die „Hoffnung auf Beständiges“.