Ran an den Fisch
Fisch steht immer öfter auf dem Speiseplan der Österreicher. Doch wer glaubt, mit Forelle & Co. Heimisches auf dem Teller zu haben, könnte irren. Die Eigenversorgung mit Süßwasserfisch ist nur zu einem Drittel gesichert.
SALZBURG, TRAUN, WIEN. Das pikante Katerfrühstück, der gebratene Fisch zu Mittag oder der exklusive Heringsschmaus mit Lachs und Kaviar am Abend: Am heutigen Aschermittwoch dominiert Fischiges den Speiseplan. Doch auch während des Jahres wenden sich die Österreicher immer öfter dem Fisch zu, wenngleich sie mehrheitlich immer noch leidenschaftliche Fleischesser sind. Rund um Aschermittwoch steigen bei Fischhändlern die Umsätze aber um etwa 50 Prozent.
Laut Landwirtschaftsministerium essen die Österreicher pro Kopf und Jahr rund 7,5 Kilogramm Fisch und Meeresfrüchte. Die Welternährungsorganisation gab den Wert vor zwei Jahren mit 13,5 Kilo viel höher an – das ist immer noch nur ein Viertel des Konsums der Portugiesen, den Fisch-Europameistern mit knapp 58 Kilogramm. Der EUDurchschnitt liegt bei 23 Kilo.
Stefan Aiglstorfer, Fischspezialist bei Österreichs größtem Gastronomiegroßhändler Transgourmet (früher C+C Pfeiffer) in Traun, kennt den Hauptgrund für den Trend zum Fisch: „Das Ernährungsbewusstsein geht mehr in Richtung Gesundheit“, sagt der 27-Jährige, der sich dank Zusatzausbildung sogar Fischsommelier nennen darf. Transgourmet vermarktet jährlich rund 2000 Tonnen Fisch von Austern bis Zander, etwa je zur Hälfte frisch sowie Tiefgekühltes aus aller Welt. Die Zuwachsraten seien ähnlich, sagt Aiglstorfer, im Vorjahr waren es 13 Prozent bei Frischfisch und 16 Prozent bei Tiefkühlware.
Wie bei anderen Produkten ist es für Konsumenten auch bei Fisch im Einzelhandel mittlerweile leichter, beim Einkauf auf Gütesiegel – für nachhaltigen Fang bzw. Zucht – zu achten. Die Supermarktketten haben in den vergangenen Jahren ihre Anstrengungen erhöht. Im Großhandel halte sich der Anteil von Ware mit Gütesiegeln noch in Grenzen, räumt Fischexperte Aiglstorfer ein. Aber es sei für Gastronomen auch schwieriger umzusetzen. Zertifizierter Frischfisch müsse zum Beispiel getrennt von anderem Fisch gelagert werden. Bei Tiefkühlware sei das einfacher. Transgourmet bietet MSC-zertifizierte Produkte an, außerdem hat sich der Großhändler verpflichtet, keine geschützten Fischarten zu verkaufen.
Dass man bei Fisch – auch aus dem Süßwasser – überwiegend importierte Ware auf dem Teller hat, ist vielen Konsumenten nicht wirklich bewusst. Der Selbstversorgungsgrad bei Fisch liegt in Österreich bei schwachen sechs Prozent. Dass man Meeresfische hierzulande nicht produzieren kann, leuchtet ein. Doch auch bei Süßwasserfisch stammen nur 34 Prozent aus Wildfang, Zucht oder Aquakultur in Österreich – trotz hoher Nachfrage und bester Wasserqualität. „Das ist alarmierend“, sagt Leo Kirchmaier, Fischexperte in der Landwirtschaftskammer. Anders als im weltweiten Aufbau von Aquakulturen mit Wachstumsraten von bis zu zehn Prozent tritt man in Österreich quasi auf der Stelle.
Zwar gibt es in Österreich 454 Aquakulturbetriebe (Stand 2016) und damit so viele wie noch nie. Doch die heimische Produktion war zuletzt von 2015 auf 2016 leicht rückläufig. Fischexperte Kirchmaier sieht mehrere Gründe dafür. So erschwerten oft langwierige Genehmigungen die Errichtung neuer Anlagen, häufig würden diese auch für zu kurze Zeit vergeben. „Wirtschaftlich sinnvoll wären 50 Jahre, in der Praxis sind 15 bis 30 Jahre die Regel“, sagt Kirchmaier. Dazu kämen mögliche behördliche Einschränkungen während des laufenden Betriebs, etwa eine plötzliche Reduzierung der Wasserdurchflussmenge. Letztlich habe man auch mit Beutegreifern wie Fischotter und Kormoran zu kämpfen, da sei man oft uneins mit dem Naturschutz. In Niederösterreich und Oberösterreich habe man sich zuletzt auf eine Otter-Entnahme geeinigt. Denn nur kleine Teiche könnten mit Zäunen geschützt werden.
Die Landwirtschaftskammer jedenfalls propagiert die Aquakultur als bäuerlichen Nebenerwerb. Das Ziel lautet: Bis 2020 soll der Eigenversorgungsgrad bei Süßwasserfischen auf 60 Prozent steigen, sich also fast verdoppeln. Helfen sollen dabei erhöhte Fördersätze des EMFF (Europäischer Meeres- und Fischereifonds) für Aquakulturanlagen. Seit Herbst 2017 gilt bei Investitionen ab 10.000 Euro und bis zu 1,4 Mill. Euro ein genereller Fördersatz von 40 Prozent (zuvor 30) sowie ein erhöhter Fördersatz von 50 Prozent (zuvor 40 Prozent).
Im Direktvertrieb seien für Bauern die höchsten Gewinnspannen zu erzielen, sagt Kirchmaier. Freilich brauche es dazu auch Bereitschaft zu hohem Engagement. Anders als bei den Schweinen würde kein Lkw vorfahren und das Tier abholen, „den Fisch muss der Bauer selbst zerlegen und liefern“.