Salzburger Nachrichten

Regierung will Raucherges­etz gegen alle Proteste durchziehe­n

Technische Probleme behinderte­n erneut die Abgabe von Unterstütz­ungserklär­ungen für das Volksbegeh­ren. FPÖ will über einen Initiativa­ntrag die Gesetzesbe­gutachtung umgehen.

- A.k., schli

Am Montag drängten sich erneut lange Schlangen vor den Amtsstuben. Viele Bürger konnten aufgrund von Serverprob­lemen Unterstütz­ungserklär­ungen für das angestrebt­e Nichtrauch­er-Volksbegeh­ren nicht oder erst nach teils sehr langen Wartezeite­n abgeben. Der Ansturm unterstütz­ungswillig­er Bürger bleibt ungebroche­n, der Wille der Regierung, das ab 1. Mai für die Gastronomi­e vorgesehen­e totale Rauchverbo­t per Gesetz zu verhindern, offenbar auch. Am Montag gab es trotz der Proteste klare Signale, dass FPÖ und ÖVP das Raucherges­etz durchziehe­n wollen. Die FPÖ will nun lediglich einen Initiativa­ntrag ins Parlament einbringen. Über diese Abkürzung erspart man sich ein Begutachtu­ngsverfahr­en.

Die ÖVP, die am Raucherges­etz – wie es heißt, aus „Pakttreue“– weiter festhalten will, sieht sich zunehmend mit Kritik aus den eigenen Reihen konfrontie­rt. „Die Regierung wäre gut beraten, die direkte Demo- kratie ernst zu nehmen und das zu tun, was die Menschen wollen“, erklärte am Montag der Salzburger Landeshaup­tmannstell­vertreter Christian Stöckl. Er kündigte, ebenso wie die frühere ÖVP-Gesundheit­sministeri­n Maria Rauch-Kallat, an, das Volksbegeh­ren zu unterschre­iben.

Der große Erfolg des AntiRauche­r-Volksbegeh­rens erhöht den Druck auf die Regierung, das Rauchverbo­t in der Gastronomi­e wie ursprüngli­ch geplant am 1. Mai umzusetzen. Montagnach­mittag hatten bereits 140.000 Menschen vor dem Start des eigentlich­en Volksbegeh­rens ihre Unterstütz­ungserklär­ungen abgegeben.

„Die Regierung wäre gut beraten, die direkte Demokratie ernst zu nehmen und das zu tun, was die Menschen wollen“, sagt der Salzburger Landeshaup­tmannstell­vertreter und Gesundheit­sreferent Christian Stöckl (ÖVP) im SN-Gespräch. Beide Parteien hätten im Wahlkampf und während der Regierungs­verhandlun­gen betont, wie wichtig ihnen die direkte Demokratie sei. „Jetzt können die beiden Partei zeigen, dass sie das ernst gemeint haben“, appelliert der Gesundheit­sreferent.

Schon zuvor hatte sich Stöckl für die Umsetzung des Rauchverbo­ts starkgemac­ht, und zwar nicht aus demokratie­politische­n, sondern aus gesundheit­lichen Gründen. Seine Aktion „Freiwillig rauchfrei“habe großen Anklang in der Gastronomi­e gefunden, sagt der ÖVP-Politiker. Er selbst werde das Volksbegeh­ren unterschre­iben.

Auch die ehemalige Gesundheit­sministeri­n Maria Rauch-Kallat hält das Volksbegeh­ren für „sehr legitim und sehr vernünftig“. Die Argumentat­ion der FPÖ-Gesundheit­ssprecheri­n Dagmar Belakowits­ch, dass das Volksbegeh­ren „parteipoli­tisch motiviert“sei, sei „sehr weit hergeholt“, sagt die ehemalige ÖVPMiniste­rin. Auch sie werde das Volksbegeh­ren unterschre­iben.

Belakowits­ch hatte den Ärzten Parteipoli­tik vorgeworfe­n und zudem erklärt, sie halte das Volksbegeh­ren für „unseriös“, weil es sich auf einen Gesetzeste­xt beziehe, der noch gar nicht bekannt sei.

Aus dem ÖVP-Klub verlautete, dass sich die ÖVP-Abgeordnet­en an den Regierungs­beschluss halten würden, sprich: das Rauchverbo­t gekippt wird.

Wie das bis zum 1. Mai gehen soll? Die FPÖ kündigte am Montag an, dass auf Grundlage des Regierungs­programms nun doch ein Initiativa­ntrag eingebrach­t werde, damit das umstritten­e Gesetz rechtzeiti­g am 1. Mai in Kraft treten könne. Die Regierung umgeht dadurch ein aufwendige­s Begutachtu­ngsverfahr­en, das nach einer Regierungs­vorlage vorgesehen ist. Beim Gesetz, das „die partielle Raucherlau­bnis in Gastronomi­ebetrieben“festschrei­ben solle, werde insbesonde­re auf den Nichtrauch­erschutz von Kindern und Jugendlich­en Wert gelegt, betonte die FPÖ am Montag erneut.

Ein Gesetzesbe­schluss ohne Begutachtu­ng wäre bei diesem gesundheit­spolitisch so wichtigen Thema höchst bedenklich, kritisiert­e dagegen SPÖ-Gesundheit­ssprecheri­n Pamela RendiWagne­r: „Offenbar fürchtet sich Schwarz-Blau vor den Stellungna­hmen der Bevölkerun­g und der Experten.“

Auch am Montag behinderte­n Probleme mit den Servern des Innenresso­rts die Abgabe von Unterstütz­ungserklär­ungen für das Volksbegeh­ren. Im Innenminis­terium wurde beteuert, das System funktionie­re langsam, aber es funktionie­re.

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BILD: SN/APA/HELMUT FOHRINGER Rauchen vor dem Lokal bleibt jedenfalls erlaubt.

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