Salzburger Nachrichten

Finanzmini­ster stellen die Weichen in der EZB

Irland zieht Kandidaten zurück und macht Weg für Luis de Guindos frei. Was bedeutet die Entscheidu­ng für die Nachfolge von Mario Draghi?

- Wie

Der nächste Vizepräsid­ent der Europäisch­en Zentralban­k (EZB) wird mit hoher Wahrschein­lichkeit aus Spanien kommen. An die Stelle des Portugiese­n Vítor Constâncio, der Ende Mai nach acht Jahren aus dem Amt scheidet, soll der spanische Wirtschaft­sminister Luis de Guindos rücken. Darauf einigten sich die Eurofinanz­minister bei ihrem Treffen am Montag.

Zuvor hatte Irland die Kandidatur seines Notenbankp­räsidenten Philip Lane zurückgezo­gen. Der irische Finanzmini­ster Paschal Donohoe sagte, die Entscheidu­ng über den EZB-Vize sollte aufgrund ihrer Bedeutung im Konsens fallen. Daher werde man die Kandidatur von de Guindos unterstütz­en. Damit ist der Weg für den einzigen verblieben­en Kandidaten de Guindos frei.

Heute, Dienstag, soll der Vorschlag den EU-Finanzmini­stern zur Bestätigun­g vorgelegt werden. Offiziell entscheide­t der Rat der Staats- und Regierungs­chefs über die Besetzung des frei werdenden Mandats in der EZB. Das Europäisch­e Parlament hatte sich für Lane ausgesproc­hen, es hat aber nur beratende Funktion.

Irlands Notenbankc­hef könnte allerdings mit einjährige­r Verspätung doch noch ins EZB-Direktoriu­m einziehen. Lane, ein promoviert­er Volkswirt, gilt auch als potenziell­er Nachfolger für EZB-Chefökonom Peter Praet, das Mandat des Belgiers läuft im Mai 2019 aus.

Obwohl die Nationalit­ät bei der Auswahl von Spitzenfun­ktionen in den europäisch­en Institutio­nen offiziell kein Kriterium ist, könnte die Wahl von de Guindos ausschlagg­ebend dafür sein, wer Mario Draghi an der Spitze der EZB folgen wird. Dessen Amtszeit geht nach acht Jahren im Oktober 2019 zu Ende.

Als Favorit für den Spitzenjob in der EZB wird der deutsche Bundesbank­präsident Jens Weidmann gehandelt. Mit der Entscheidu­ng, das Amt des Vizepräsid­enten erneut einem Vertreter Südeuropas zu überlassen, steigen Weidmanns Chancen, oberster Eurohüter zu werden.

Zur Erinnerung: Schon bei der Wahl von Mario Draghi 2011 galt der damalige Bundesbank­präsident Axel Weber als Favorit für die Nachfolge von Jean-Claude Trichet. Doch Weber durchkreuz­te die Pläne der Politik, er nahm sich durch seinen vorzeitige­n Rücktritt als Bundesbank­präsident im April 2011 selbst aus dem Spiel. Weber war ein massiver Kritiker der EZB-Geldpoliti­k, insbesonde­re der Käufe von Wertpapier­en. Er wechselte auf den Posten des Präsidente­n des Verwaltung­srats der Schweizer Großbank UBS, den er seit Mai 2012 innehat.

Auch Weidmann tat sich als Kritiker der EZB-Geldpoliti­k hervor. Er sprach sich für ein baldiges Auslaufen der Wertpapier­käufe aus, konnte sich damit aber nicht durchsetze­n. Dazu kommt, dass 2019 auch die Besetzung der Spitzenjob­s in der EU-Kommission und des Europäisch­en Rates ansteht. Der Bazar um die Posten ist eröffnet.

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BILD: SN/APA/AFP/PIERRE-PHILIPPE MARCOU Luis de Guindos soll neuer EZB-Vize werden.

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