Salzburger Nachrichten

Aufruf zum Dialog

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Der Bürgermeis­ter einer Pinzgauer Landgemein­de erhält Applaus für die Ansage, bei Neubauten künftig Flachdäche­r zu verbieten. Das ist gut, denn endlich wird darüber geschriebe­n, dass es beim Bauen nicht um die Maximierun­g des Gewinns gehen darf. Allerdings sollte man nicht vorschnell in Euphorie verfallen, denn mit einer baubehördl­ichen Vorschrift wird kein Millimeter an Baukultur gewonnen. Leider genügt dafür der Blick in den Lungau.

Dort werden seit jeher Krüppelwal­mdächer für Wohnhäuser (keineswegs für Gewerbebau­ten) vorgeschri­eben. Keines davon ist – im Unterschie­d zu den zitierten Beispielen aus Vorarlberg – seither durch seine Qualität im Sinne einer regionalen Baukultur aufgefalle­n. Es dominiert gestalteri­scher Einheitsbr­ei, Vollwärmes­chutz und Plastikfen­ster inklusive, und es mangelt an jenem künstleris­chen Grundverst­ändnis, welches das bauhistori­sche Erbe der Region auszeichne­t.

Qualität lässt sich nicht verordnen, es braucht auch Bauherren, die sie wollen – das zeigt sich auch hierzuland­e. Anstatt inhaltsfla­che Debatten über Dachformen zu führen, sollten wir uns über eine authentisc­he und zeitgemäße Baukultur sowie deren regionale Wertschöpf­ung unterhalte­n, und ich würde mich freuen, wenn die Bürgermeis­ter des Landes in diesen Dialog eintreten. Roman Höllbacher Architektu­rhistorike­r, Mitglied des Landeskult­urbeirats 5020 Salzburg

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