Der alpine Charme geht verloren
Wir sind ein Touristenland. Warum kamen früher – und damit meine ich nicht die graue Vorzeit – sogenannte „Sommerfrischler“in das Salzburger Land? Die Gründe reichen von der sprichwörtlichen Gemütlichkeit über das gute Essen und die Landschaft bis zu den gepflegten Gärten inklusive Blumenschmuck. Dazu gehört aber auch der gediegene alpine Baustil. Man ging noch durch ein Dorf spazieren, man erfreute sich an den schönen Häusern.
Was ist heute? Die bauliche Harmonie wird mehr und mehr durch moderne „Schachtelbauten“mit aufgesetztem Hut zerstört. Der alpine Charme und die Identität gehen damit verloren. Besonders arg fallen die Wohnkartons bei Mehrfamilien-/Genossenschaftshäusern auf. Von einem Ortsbild kann keine Rede mehr sein.
Es steht außer Frage, dass eine Weiterentwicklung auch im Baubereich ihre Berechtigung hat. Diese ist auch möglich, wie in anderen Regionen aufgezeigt wird. Es ist aber Unfug, die städtische Bauweise 1:1 den Gebirgsgauen überzustülpen.
Hinter vorgehaltener Hand ist darüber hinaus zu hören, dass mit dieser Schachtelbauweise die größtmögliche Förderung zu bekommen ist. Wenn das stimmen sollte, dann hat sich der Gesetzgeber selbst ein Problem geschaffen und es läge nun an ihm, dieses Problem wieder zu beseitigen, das er ohne sein Zutun gar nicht hätte.
Nun müssen die Gemeinden entscheiden, wie weit sie eine „Verschachtelung und Verschandelung“zulassen. Die Gemeinde St. Martin bei Lofer macht es vor. Sie will keine Flachdächer mehr.
Alpiner Baustil bedeutet nicht Rückschritt. Das Gebirge gibt die Architektur förmlich vor. Die von uns Menschen errichteten Bauten sollten in die Landschaft integriert sein und keine Fremdkörper darstellen. Sich sensibel mit den Gegebenheiten vor Ort auseinanderzusetzen wäre ein Gebot der Stunde. Das Salzburger Raumordnungsgesetz gibt die Möglichkeit dazu. Also weg von den gesichtsund seelenlosen Schachtelbauten mit Hut hin zu regionalem Bauen mit moderner alpiner Baukultur.
Ich bin keine Baufachfrau. Wenn meine Zeilen aber zum Nachdenken über die nicht in die Gebirgsregionen passende Schachtelbauweise anregen, bin ich – ersatzweise – selbst gerne eine (alte) Schachtel mit oder ohne Hut! Renate Ratzenböck