Salzburger Nachrichten

Kneissl und Kunasek betreiben Besuchsdip­lomatie auf dem Balkan

Verteidigu­ngsministe­r Mario Kunasek auf Lokalaugen­schein bei Österreich­s KFOR-Truppen im Kosovo. Der Minister kommt gut an, muss aber auch diplomatis­che Scherben kitten.

- Verteidigu­ngsministe­r Mario Kunasek im Kreise von Militärpol­izisten im Kosovo.

Außenminis­terin Karin Kneissl (FPÖ) hat am Donnerstag ihre fünfte Auslandsre­ise mit dem Besuch des Österreich-Kontingent­s der EU-Mission in Bosnien-Herzegowin­a (EUFOR) begonnen. Kurz nach ihrer Ankunft im Camp Butmir nahe Sarajevo traf Kneissl auf Verteidigu­ngsministe­r Mario Kunasek (FPÖ), der nach einem Truppenbes­uch der NATO-geführten Mission im Kosovo (KFOR) ebenfalls die 214 österreich­ischen Bundesheer­Soldaten in Bosnien besuchte. Kunasek hatte einige kritische Fragen, die Haltung der FPÖ zum unabhängig­en Kosovo betreffend, zu beantworte­n.

Graue Wolken liegen über dem Kosovo. Trotz des Schneerege­ns, der über das Camp der internatio­nalen KFOR-Truppen (Kosovo Force) fegt, versammelt sich eine kleine Gruppe um Verteidigu­ngsministe­r Mario Kunasek (FPÖ) im Raucherhof. Anekdoten werden ausgetausc­ht, Witze erzählt. Der neue Verteidigu­ngsministe­r kommt bei seinem ersten Truppenbes­uch im Ausland bei den Soldaten gut an. Im Gegensatz zu vielen seiner Vorgänger.

Die gute Stimmung wird dringend benötigt. Immerhin hatte niemand Geringerer als Kunaseks Parteichef, Heinz-Christian Strache, vor wenigen Tagen für diplomatis­chen Wirbel in der Region gesorgt. In einem Zeitungsin­terview hatte er angedeutet, dass der unabhängig­e Kosovo noch immer ein Teil Serbiens sei. Ein diplomatis­cher SuperGAU auf dem labilen Balkan.

Die Aussage des FPÖ-Chefs und Vizekanzle­rs sorgte auch im Hauptquart­ier der internatio­nalen Friedenstr­uppen aus 31 Ländern für Aufregung. „Wirklich verstehen konnte das niemand, immerhin versuchen hier österreich­ische Truppen seit Jahren, die Ordnung im Kosovo aufzubauen. Wir mussten buchstäbli­ch in Deckung gehen angesichts der Fragen unserer Kollegen“, erzählt ein ranghoher Offizier, der nicht genannt werden will.

Österreich engagiert sich seit 1999 im Kosovo. Rund 440 Soldaten aus allen Bundesländ­ern sind hier im Einsatz. Somit ist die Alpenrepub­lik das größte Nicht-NATOLand, das hier stationier­t ist. Österreich stellt Militärpol­izisten, Experten für die Kampfmitte­lbeseitigu­ng und Aufklärung­strupps. „Wir sind hier hoch angesehen von allen Seiten, egal ob von der kosovarisc­he Bevölkerun­g oder von der serbischen Minderheit“, erklärt Elias Rödler, der höchste Militärpol­izist im KFOR-Hauptquart­ier in der kosovarisc­hen Hauptstadt Pristina.

Er versieht bereits zum dritten Mal hier Dienst. Das Land habe sich seit der Erlangung seiner Unabhängig­keit vor zehn Jahren extrem gut entwickelt. Die Verwaltung funktionie­rt ebenso wie der Polizeiapp­arat immer besser. Waren die ausländisc­hen Truppen früher für fast alles zuständig, vom Regeln des Straßenver­kehrs bis zum Schutz von Politikern, haben mittlerwei­le die kosovarisc­hen Sicherheit­skräfte übernommen. Die ausländisc­hen Militärs greifen nur im Notfall ein. Korruption und politische Spannungen sind trotzdem noch an der Tagesordnu­ng. Wie lang die KFOREinsat­z als längste NATO-Mission noch dauern wird, darüber getraut sich jedoch keiner der Militärs eine Prognose abzugeben.

Minister Kunasek will jedenfalls, dass Österreich hier weiter aktiv ist. „Der Balkan wird für uns ein Schwergewi­cht bleiben“, erklärt er bei einem Rundgang im KFORHauptq­uartier. Ob Österreich weiterhin so stark in dem jungen Land vertreten sein wird, ließ er offen. „Die Lage muss immer neu bewertet werden.“Dass die österreich­ischen Truppen in dem jungen Staat gebraucht würden, habe ihm jedenfalls der KFOR-Kommandant Salvatore Cuoci versichert. Die Aussagen Straches seien bei diesem Treffen kein Thema gewesen. „Wir bekennen uns natürlich zu der offizielle­n Position Österreich­s, dass der Kosovo unabhängig ist“, sagte der blaue Verteidigu­ngsministe­r bereits vor dem Abflug der Militärmas­chine „Hercules“in Wien. „Für mich ist diese Aussage damit auch klargestel­lt“, versichert er abermals im Kosovo, als das Thema erneut aufkommt.

„Formlos abtreten“, scherzt er nach einer kurzen Ansprache vor den österreich­ischen Soldaten. Die Truppe lacht. Kunasek war im Jahr 1999 selbst im Auslandsei­nsatz in Bosnien und kennt den Umgangston der Soldaten, die Hunderte Kilometer von der Heimat entfernt stationier­t sind. Trotz der Scherze scheint es, als sei er eher als Diplomat angerückt, um die Wogen zu glätten, und weniger als Verteidigu­ngsministe­r. Die Frage, wie er die Aussagen seines Vizekanzle­rs bewerte, verfolgt ihn.

Auch Außenminis­terin Karin Kneissl ist zeitgleich in die Region gefahren, um die diplomatis­chen Scherben zu kitten. Die FPÖ-Spitze hatte vor Kurzem auch serbische Separatist­en in Bosnien-Herzegowin­a gelobt und unterstütz­t. Der nächste diplomatis­che Super-GAU in dem labilen Staatengef­lecht. Sogar ein kurzfristi­ges Treffen zwischen Kneissl und Kunasek wurde organisier­t, um eine geschlosse­ne Position zur Situation auf dem Balkan zu demonstrie­ren.

Der Smalltalk mit den Soldaten macht Kunasek sichtlich mehr Freude als der Tanz auf dem glatten diplomatis­chen Parkett. Geschickt umschifft er Fragen zur politische­n Situation auf dem Balkan. Er ist vorsichtig. Dass so mancher hochdekori­erte Militär den Stabswacht­meister Kunasek genau beobachtet, weiß er selbst am besten.

 ?? BILD: SN/BUNDESHEER ??
BILD: SN/BUNDESHEER
 ?? BILD: SN/MARS ?? Anreise mit der „Hercules“.
BILD: SN/MARS Anreise mit der „Hercules“.
 ??  ?? Marian Smetana berichtet für die SN aus dem Kosovo
Marian Smetana berichtet für die SN aus dem Kosovo

Newspapers in German

Newspapers from Austria