Das Gourmet-Volk hat gewählt
Im Osten nichts Neues: Die 18.000 Mitglieder des „Falstaff Guide“kürten erneut Heinz Reitbauer zum besten Koch Österreichs. Die Obauer-Brüder wurden Zweite und raten zur Unaufgeregtheit.
WIEN. Eine gute Nachricht vorweg: Das beste Restaurant Österreichs gibt es wirklich. Onlinebewertungen gerieten ja seit dem November 2017 ziemlich ins Gerede. Da erfand ein Journalist ein Szenelokal namens The Shed, bastelte eine Homepage und bewertete es mithilfe von Freunden so lang, bis es von Tripadvisor als bestes Restaurant Londons geführt wurde.
„Bei uns ist das natürlich nicht möglich“, sagt Herbert Hacker. Er sieht beim „Falstaff Guide“als Chefredakteur nach dem Rechten. Hacker führt mittlerweile eine Gourmet-Armee von 18.000 Testern an. So viele Mitglieder geben online für den Guide ihre Bewertungen ab.
Gestern war es wieder so weit. Die neuen Besten wurden gekürt. Und allein schon der Ort der Präsentation, das Wiener Rathaus, machte klar: Hier geht es nicht um Erkenntnisse einer kleinen Elite. Hier inszeniert man sich als Hüter der Gourmet-Demokratie. Mehr als 250.000 Votings seien eingegangen, sagt Hacker, der aber auch einräumte, dass auch in seiner Gemeinde gewiss nicht jeder Stimme bedenkenlos getraut werde. Als Kontrollinstanz gebe es nämlich nicht nur ihn, sondern auch einen Beirat und ein Computerprogramm sowieso. Dieses schlage wie in einem Wettbüro bei seltsamen Vorkommnissen Alarm. „Wer manipuliert, der fliegt bei uns raus“, sagt Hacker – und verrät gern, dass dies auch schon vorgekommen sei. Die diesjährigen Ergebnisse stehen unter dem Titel „Im Osten nichts Neues“. Zum wiederholten Mal wurde Heinz Reitbauers „Steirereck im Wiener Stadtpark“mit der Höchstwertung von 100 Punkten bedacht. Den zweiten Platz teilen sich mit 99 Punkten die Brüder Obauer (Werfen), das Landhaus Bacher (Mautern) und die Griggeler Stuba (Lech).
In der Kategorie Salzburg schafften es folgende Restaurants in die Top 10: Döllerer (Golling), Ikarus Hangar-7 (Salzburg), Johanna Maier & Söhne (Filzmoos), Senns Restaurant (Salzburg), Mesnerhaus (Mauterndorf), Pfefferschiff (Hallwang), Esszimmer (Salzburg), Mayer’s auf Schloss Prielau (Zell am See), Döllerers Wirtshaus (Golling), Schloss Fuschl (Hof), Schloss Mönchstein (Salzburg), Salzburgerstube (Zell am See), Erlhof (Zell am See) und das Ess:enz im Puradies (Leogang). Letzteres wurde österreichweit vom „Falstaff Guide“als Aufsteiger des Jahres gekürt.
Was Onlinetests betrifft, hat Rudi Obauer übrigens eine klare Meinung: „Erstens: Anonyme Kritiken interessieren mich nicht.“Weiters sagt er, ein Küchenchef sollte täglich in seinem Betrieb sein. „Dann brauche ich niemanden, der mir im Internet etwas sagt, was ich nicht selbst mit eigenen Augen gesehen habe.“Ob es ein großer Druck ist, wenn sich Gäste aufgrund ihrer scheinbaren Macht als Onlinetester immer öfter schon vor der Bestellung beim Koch wichtig machen? „Das kann schon nerven“, sagt Obauer. „Aber ich blende das aus. Und Wichtigtuer hat es früher auch gegeben.“
Aber eines komme ihm schon komisch vor: „Diese inflationären Onlinekritiken über alles und jeden gibt es offenbar nur in der Gastronomie. Wenn jemand in ein Modegeschäft geht und die Kleidung abscheulich findet, dann geht er einfach wieder – und schreibt keinen Verriss.“
Obauer rät seinen Kollegen auch, dass sie Lob nie überbewerten sollten. Womit er an einen ganz Großen der Kochkunst erinnert. Wer zu Karl Eschlböck sagte, dass seine Gerichte vorzüglich seien, der erhielt stets als Antwort: „Waß i eh.“