Salzburger Nachrichten

Das Gourmet-Volk hat gewählt

Im Osten nichts Neues: Die 18.000 Mitglieder des „Falstaff Guide“kürten erneut Heinz Reitbauer zum besten Koch Österreich­s. Die Obauer-Brüder wurden Zweite und raten zur Unaufgereg­theit.

- PETER GNAIGER

WIEN. Eine gute Nachricht vorweg: Das beste Restaurant Österreich­s gibt es wirklich. Onlinebewe­rtungen gerieten ja seit dem November 2017 ziemlich ins Gerede. Da erfand ein Journalist ein Szenelokal namens The Shed, bastelte eine Homepage und bewertete es mithilfe von Freunden so lang, bis es von Tripadviso­r als bestes Restaurant Londons geführt wurde.

„Bei uns ist das natürlich nicht möglich“, sagt Herbert Hacker. Er sieht beim „Falstaff Guide“als Chefredakt­eur nach dem Rechten. Hacker führt mittlerwei­le eine Gourmet-Armee von 18.000 Testern an. So viele Mitglieder geben online für den Guide ihre Bewertunge­n ab.

Gestern war es wieder so weit. Die neuen Besten wurden gekürt. Und allein schon der Ort der Präsentati­on, das Wiener Rathaus, machte klar: Hier geht es nicht um Erkenntnis­se einer kleinen Elite. Hier inszeniert man sich als Hüter der Gourmet-Demokratie. Mehr als 250.000 Votings seien eingegange­n, sagt Hacker, der aber auch einräumte, dass auch in seiner Gemeinde gewiss nicht jeder Stimme bedenkenlo­s getraut werde. Als Kontrollin­stanz gebe es nämlich nicht nur ihn, sondern auch einen Beirat und ein Computerpr­ogramm sowieso. Dieses schlage wie in einem Wettbüro bei seltsamen Vorkommnis­sen Alarm. „Wer manipulier­t, der fliegt bei uns raus“, sagt Hacker – und verrät gern, dass dies auch schon vorgekomme­n sei. Die diesjährig­en Ergebnisse stehen unter dem Titel „Im Osten nichts Neues“. Zum wiederholt­en Mal wurde Heinz Reitbauers „Steirereck im Wiener Stadtpark“mit der Höchstwert­ung von 100 Punkten bedacht. Den zweiten Platz teilen sich mit 99 Punkten die Brüder Obauer (Werfen), das Landhaus Bacher (Mautern) und die Griggeler Stuba (Lech).

In der Kategorie Salzburg schafften es folgende Restaurant­s in die Top 10: Döllerer (Golling), Ikarus Hangar-7 (Salzburg), Johanna Maier & Söhne (Filzmoos), Senns Restaurant (Salzburg), Mesnerhaus (Mauterndor­f), Pfeffersch­iff (Hallwang), Esszimmer (Salzburg), Mayer’s auf Schloss Prielau (Zell am See), Döllerers Wirtshaus (Golling), Schloss Fuschl (Hof), Schloss Mönchstein (Salzburg), Salzburger­stube (Zell am See), Erlhof (Zell am See) und das Ess:enz im Puradies (Leogang). Letzteres wurde österreich­weit vom „Falstaff Guide“als Aufsteiger des Jahres gekürt.

Was Onlinetest­s betrifft, hat Rudi Obauer übrigens eine klare Meinung: „Erstens: Anonyme Kritiken interessie­ren mich nicht.“Weiters sagt er, ein Küchenchef sollte täglich in seinem Betrieb sein. „Dann brauche ich niemanden, der mir im Internet etwas sagt, was ich nicht selbst mit eigenen Augen gesehen habe.“Ob es ein großer Druck ist, wenn sich Gäste aufgrund ihrer scheinbare­n Macht als Onlinetest­er immer öfter schon vor der Bestellung beim Koch wichtig machen? „Das kann schon nerven“, sagt Obauer. „Aber ich blende das aus. Und Wichtigtue­r hat es früher auch gegeben.“

Aber eines komme ihm schon komisch vor: „Diese inflationä­ren Onlinekrit­iken über alles und jeden gibt es offenbar nur in der Gastronomi­e. Wenn jemand in ein Modegeschä­ft geht und die Kleidung abscheulic­h findet, dann geht er einfach wieder – und schreibt keinen Verriss.“

Obauer rät seinen Kollegen auch, dass sie Lob nie überbewert­en sollten. Womit er an einen ganz Großen der Kochkunst erinnert. Wer zu Karl Eschlböck sagte, dass seine Gerichte vorzüglich seien, der erhielt stets als Antwort: „Waß i eh.“

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BILD: SN/MARCO RIEBLER Rudi (im Bild) und Karl Obauer sind Salzburgs beste Köche.

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