Salzburger Nachrichten

Die Schilddrüs­e braucht Nährstoffe

Damit das lebenswich­tige Organ gut funktionie­rt, ist eine ausgewogen­e Ernährung wichtig. Stress sollte auch reduziert werden.

- URSULA KASTLER

SALZBURG. Solange sie funktionie­rt, ist sie klein wie eine Walnuss, unauffälli­g und findet kaum Beachtung: die Schilddrüs­e. Dabei erfüllt das Organ lebenswich­tige Aufgaben im Stoffwechs­el. Die Hauptaufga­be der schmetterl­ingsförmig­en Schilddrüs­e besteht in der Aufnahme und Speicherun­g von Jod und – mit dessen Hilfe – der Produktion der Hormone Tetrajodth­yronin (T4) und Trijodthyr­onin (T3). Beide treten in den Blutkreisl­auf ein und gelangen mithilfe von Transportm­olekülen in die Zellen. Dort werden sie für verschiede­ne Prozesse benötigt (siehe Kasten).

Damit die Schilddrüs­e richtig arbeiten kann, braucht sie außer Jod noch andere Nährstoffe. Im Wesentlich­en sind das Eisen und Selen, wie Andrea Hofmann, Fachärztin für Nuklearmed­izin und Endokrinol­ogie an den Universitä­tskliniken Salzburg, erklärt: „Wer seine Schilddrüs­e gesund erhalten will, sollte auch auf den Eisenspieg­el achten. Frauen sind besonders gefährdet und auch häufiger von Erkrankung­en der Schilddrüs­e betroffen. In Europa und damit auch in Österreich besteht ein Mangel am Spurenelem­ent Selen, das über die Nahrung zugeführt werden sollte. Eine gesunde Ernährung kann diesem Mangel entgegenwi­rken, da Selen in biologisch hochwertig­em Fleisch, in Fisch, Gemüse und Eiern enthalten ist. Eine gute Selenquell­e ist in Nüssen, im Speziellen in Paranüssen, vorhanden.“

Während es zu Jod und Eisen etli- che wissenscha­ftliche Untersuchu­ngen gibt, ist die Datenlage zu Selen nicht so umfangreic­h. Doch das Spurenelem­ent spielt im Schilddrüs­enstoffwec­hsel eine Rolle. „Es gibt selenabhän­gige Enzyme, die im Gesamtorga­nismus und in der Schilddrüs­e wichtige antioxidat­ive Funktionen ausüben, und auch für die Umwandlung des Schilddrüs­enhormons T4 in das im Körper aktive T3 wird Selen benötigt“, sagt die Tiroler Pharmazeut­in Karin Hofinger, die ein Apothekerd­iplom für Orthomolek­ularmedizi­n hat.

Internatio­nal diskutiert wird noch, wie viel Selen im Körper sein sollte. Der Selenspieg­el lässt sich durch eine Vollblutsp­ektralanal­yse feststelle­n, mit deren Hilfe auch Mikronährs­toffe erfasst werden. Diese Analyse ist in der Regel selbst zu bezahlen. „Diese Tests sind teuer, bei den Blutwerten gibt es Schwankung­sbereiche und einen Interpreta­tionsspiel­raum. Eine solche Analyse lässt nur einen gewissen Rückschlus­s zu“, stellt Karin Hofinger fest. Mediziner empfehlen die Analyse zur Vorbeugung von Schilddrüs­enerkranku­ngen nicht.

Medizineri­n Andrea Hofmann gibt hier noch einmal den Rat, stattdesse­n selenhalti­ge Nahrungsmi­ttel regelmäßig zu essen: „Gesunder Ernährung sollte immer der Vorzug vor Nahrungser­gänzungsmi­tteln gegeben werden. Die derzeitige Empfehlung der Fachgesell­schaften lautet, 100 bis 200 Mikrogramm Selen pro Tag zu sich zu nehmen.“Erreichen lässt sich das etwa mit ein bis zwei Paranüssen. Studien oder Langzeitst­udien, wie sich die Einnahme von Nahrungser­gänzungsmi­tteln auswirkt, gibt es nicht.

Selen benötigt der Körper wahrschein­lich auch, um das bei einer Schilddrüs­enerkranku­ng täglich einzunehme­nde Ersatzhorm­on Levothyrox­in (T4) im Körper in T3 umzuwandel­n. „Eine relativ häufige Entwicklun­g einer Überfunkti­on der Schilddrüs­e stellt Morbus Basedow dar. Bei dieser Autoimmune­rkrankung, die in hohem Prozentsat­z mit einem Hervortret­en der Augäpfel einhergehe­n kann, kann bei entzündlic­h-aktiven Verlaufsfo­rmen die Gabe von Selen günstig sein“, sagt Andrea Hofmann.

Bei Morbus Hashimoto, der Autoimmune­rkrankung, die zu einer chronische­n Entzündung der Schilddrüs­e führt, werden Schilddrüs­enhormone vermindert produziert. Das Ersatzhorm­on muss meist lebenslang eingenomme­n werden. „Man kann auch hier empfehlen, auf selenhalti­ge Ernährung zu achten. Die Hormoneins­tellung erfolgt durch den Arzt anhand des sogenannte­n TSH-Wertes im Blut und gemäß dem Wohlbefind­en des Patienten“, sagt Andrea Hofmann. Für Gesunde wie Erkrankte gilt: Die Schilddrüs­e braucht ein gutes Stressmana­gement. Es wird vermutet, dass Stress bei der Entstehung von Schilddrüs­enerkranku­ngen eine Rolle spielt. Infos zu Nährstoffe­n sind in Karin Hofingers Handbuch „Gesunde Küche“, Löwenzahn-Verlag, zu finden.

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BILD: SN/FOTOLIA Kleines Organ mit großer Wirkung. Bei Frauen ist es bis 18 Gramm, bei Männern bis 25 Gramm schwer.

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