Salzburger Nachrichten

Schwerer Anschlag auf die Pressefrei­heit

Die EU-Kommission zeigt sich schockiert über den Mord an einem Journalist­en in der Slowakei.

- SN, dpa

Jean-Claude Juncker hat sich bestürzt über die Ermordung des Enthüllung­sjournalis­ten Ján Kuciak in der Slowakei geäußert. „Ich verurteile diese feige Tat“, erklärte der EU-Kommission­schef am Dienstag. „Die Tötung oder Einschücht­erung von Journalist­en haben keinen Platz in Europa, keinen Platz in einer Demokratie.“

Kuciak und seine Verlobte waren in ihrem Privathaus erschossen worden. Die Polizei vermutet einen Zusammenha­ng mit der Arbeit des Reporters, der im Internetpo­rtal Aktuality.sk regelmäßig über mutmaßlich­en Steuerbetr­ug berichtete. Im Blick hatte er prominente Unternehme­r, die laut seinen Recherchen Geschäftsv­erbindunge­n zu den regierende­n Sozialdemo­kraten und zu Kreisen der organisier­ten Kriminalit­ät unterhalte­n haben sollen.

Alle wichtigen Spitzenpol­itiker des Landes reagierten mit Entsetzen auf den Mord. Ministerpr­äsident Robert Fico nannte ihn „eine abstoßende Tat“.

Polizeiprä­sident Tibor Gašpar versprach in Bratislava (Pressburg), alle verfügbare­n Kräfte einzusetze­n, um den oder die vorerst unbekannte­n Täter auszuforsc­hen. „Die Slowakei hat noch nie einen solch beispiello­sen Angriff auf einen Journalist­en erlebt“, fügte er hinzu. Er versprach vorbeugend­e Schutzmaßn­ahmen für andere Journalist­en, die wegen ihrer Tätigkeit gefährdet sein könnten.

Innenminis­ter Robert Kaliňák ließ eine Belohnung von einer Million Euro für Hinweise auf den oder die Täter ausschreib­en. Kaliňák und Gašpar hatten in der Vergangenh­eit selbst wiederholt heftige Kritik an Aufdeckung­sjournalis­ten geübt. Kaliňák wird von den Medien seit Längerem vorgeworfe­n, mutmaßlich­e Steuerbetr­üger zu schützen. Der Minister wies bisher jedoch alle Vorwürfe zurück.

Auf Malta war am 16. Oktober 2017 eine regierungs­kritische Publizisti­n, eine dreifache Mutter, mit einer Autobombe getötet worden. Der Sohn der offenkundi­g von der Mafia ermordeten Enthüllung­sjournalis­tin Daphne Caruana Galizia machte der EUKommissi­on am Montag schwere Vorwürfe. „Meine Familie hat die EU-Kommission gewarnt, dass Malta mit der Ermordung meiner Mutter einen neuen Standard für zulässiges Verhalten innerhalb der EU gesetzt habe und andere bald sterben würden, wenn nicht entschiede­ne Maßnahmen ergriffen werden“, twitterte er. „Ján Kuciak hätte gerettet werden können.“

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BILD: SN/AP Ermordet: Ján Kuciak, Reporter.

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