Selbstreinigung funktioniert nicht
Zum Leitartikel in den SN vom 17. 2. „Am liebsten ohne lästige Journalisten“:
Sehr geehrter Herausgeber,
schön, dass Manfred Perterer hier so offen und unparteiisch berichtet. Für die „Salzburger Nachrichten“mag diese Diagnose ja stimmen. Eine Bastion des Journalismus, wie er sein soll. Für den Rest der österreichischen Blätter und für alle relevanten TV- und Radiosender Österreichs stimmt sie nicht. Ich rede hier nicht vom Boulevard oder von Gratisblättern. Journalistische Methoden, wie man Meinung in Berichte drückt, sind bei uns das Übliche. Man beobachte, wie oft in der Überschrift etwas anderes vermittelt wird, als dann im Text zu finden ist. Wie sieht die meinungstechnische Gewichtung aus: Am Anfang des Langen und Breiten Bericht über Fakten. Im letzten Absatz aber plötzlich ein ganz anderer Fakt, der alles vorher Geschriebene ins Gegenteil verkehrt. Das passende Foto dazu und das Vertrauen darauf, dass eh keiner Texte zu Ende liest – und schon hat man praktisch Meinung unter die Leute gebracht, kann aber auf der faktisch-technischen Seite immer behaupten, dass alle Argumente berücksichtigt wurden. Manchmal liest man gute, unparteiische Texte – die parteiische Botschaft steht dann in der Bildunterschrift. Oft hat man auch den Eindruck, dass noch das alte „Recherchieren haut die Gschicht’ zsamm“in Journalistenkreisen regiert. Also dass der Sensation zuliebe nicht so viel nachgefragt wird. Es könnte ja sein, dass sich die Nachricht in etwas Belangloses auflöst, das keinen interessiert. Womit es in der Zeitung nichts verloren hat.
Im österreichischen Journalismus funktioniert die Selbstreinigung nicht. Es weiß keiner, wo die Grenze zur Lüge zu ziehen ist. Womit kleingeistigen Politikern Spielraum gegeben wird, „die Medien“der Lüge zu zeihen. Zum Vergleich: Deutsche Blätter haben ihre politisch klar identifizierbare Herkunft, schaffen es aber, aus ihren Herzen keine Mördergrube zu machen. Der Leser kriegt dort genau das, was er bezahlt. Reinhold Sulz 1210 Wien