Mehr schwere Verletzungen auf der Piste
5000 Verletzte nach Skiunfällen landen pro Jahr im Krankenhaus Zell am See. Die Geschwindigkeit auf der Piste steigt, sagt Primar Heinrich Thöni.
„Spektrum der Medizin wäre ohne Skiunfälle nicht möglich.“Franz Öller, GF Tauernkliniken
Der Jahresbeginn war für Heinrich Thöni besonders intensiv. Das sei am eigenen Leib zu spüren, sagt der Primar der Unfallchirurgie der Tauernkliniken Zell am See. „Ich merke, dass meine Mitarbeiter erschöpft sind. Und dass ich es selbst auch bin.“Von den Touristikern höre man im Spital, dass die Region ausgebucht sei.
Das bedeutet auch Hochbetrieb in der Unfallambulanz. Im Vergleich zum Vorjahr habe das Krankenhaus Zell am See im heurigen Jänner um zehn Prozent mehr Frischverletzte behandelt. „Und auch die Schwere der Verletzungen hat zugenommen“, sagt Heinrich Thöni. So beobachte er eine größere Zahl an Ober- schenkelbrüchen. „Eine Steigerung bei diesen Verletzungen ist Indiz dafür, dass die Alpinisten schneller unterwegs sind. Denn um einen Oberschenkelknochen zu brechen, ist eine hohe Aufprallgeschwindigkeit nötig.“
Auch mit Zahlen lasse sich ein Anstieg bei schweren Verletzungen belegen. So stieg in diesem Jänner die Höhe der Leistungsabgeltungen um 23 Prozent, während die Zahl der Behandlungen um zehn Prozent stieg. Schwerere Verletzungen werden in der Regel höher abgegolten, erklärt der Primar. „Wenn wir mehr Leistungen beziehen, heißt das: mehr stationäre Aufnahmen und mehr Operationen.“
Genaue Angaben über die Zahl der Verletzten auf den Skipisten im Pinzgau gibt es im Tauernklinikum Zell am See allerdings nicht. Die Zahl lasse sich nur ableiten, sagt Heinrich Thöni. „In der Nebensaison versorgen wir pro Monat im Schnitt 1200 Frischverletzte. Von Dezember bis Ostern steigt diese Zahl monatlich um 1000 Patienten. Wenn man davon ausgeht, dass diese Zahl auf den Wintertourismus zurückzuführen ist, kommt man auf etwa 4800 bis 5000 Verletzte auf den Skipisten in der Saison.“Das Krankenhaus Mittersill, das ebenfalls zu den Tauernkliniken gehört, versorge zusätzlich noch rund 1000 Patienten nach Skiunfällen pro Saison.
Im größten Krankenhaus der Gebirgsregion, im Klinikum Schwarzach, beobachtet man allerdings keinen wesentlichen Anstieg bei der Zahl der Verletzten. Hier werden die Frischverletzten nach Ski- und Snowboardunfäl-
len genau registriert. Man sei mit 4900 Verletzten pro Wintersaison auf einem konstant hohen Niveau, heißt es. Auch die Schwere der Verletzungen verändere sich nicht wesentlich.
Laut Touristikern wird der Skisport sogar Jahr für Jahr sicherer. Angesichts der steigenden Zahlen der Skifahrer und Snowboarder könne man sogar von einem Rückgang der Unfälle sprechen, sagt Franz Schenner vom Netzwerk Winter. „Wenn man die Pistenkilometer pro Gast berechnet, werden die Unfälle sogar weniger. Wir haben errechnet, dass man laut Statistik 101 Jahre alt werden müsste, um einen Skiunfall zu erleiden.“
In Zell am See wird in der Wintersaison jedenfalls täglich bis Mitternacht operiert, sagt Primar Heinrich Thöni. Und letztlich profitiert das Spital genauso vom Skisport wie es der Tourismus tut. Die gesteigerte Frequenz in den Ambulanzen nutze letztlich auch der Bevölkerung im Pinzgau, sagt Kliniken-Geschäftsführer Franz Öller. „Durch die vielen Behandlungen nach Skiunfällen können wir hier ein medizinisches Spektrum anbieten, das sich ohne den Wintertourismus nicht rechnen würde.“