Im Sozialamt stapeln sich die Anträge
Rund 300 Anträge auf Sozialhilfe warten im Sozialamt der Stadt Salzburg darauf, bearbeitet zu werden. Hagenauer: „Uns sind die Hände gebunden.“
Seit Jänner haben viele Bewohner von Seniorenwohnheimen Anrecht auf Sozialhilfe. Theoretisch. Praktisch könnten sie darum umfallen.
Dicke Luft zwischen dem Sozialamt der Landeshauptstadt und Soziallandesrat Heinrich Schellhorn. Seit Jänner stapeln sich hier rund 300 Anträge von Seniorenheimbewohnern auf Sozialhilfe. Doch die Sachbearbeiter im Magistrat können sie nicht bearbeiten: Was ihnen dazu fehlt, sind Richtlinien des Landes, das für das Sozialhilfegesetz zuständig ist. „Landesrat Heinrich Schellhorn hätte ein halbes Jahr Zeit gehabt, Vorgaben für den Vollzug zu erarbeiten. Das hat er verabsäumt. Uns sind die Hände gebunden“, sagt SPÖVizebürgermeisterin Anja Hagenauer. Nicht gelten lassen will das Heinrich Schellhorn (Grüne), der alle Fragen als geklärt betrachtet. „Und sollte es noch welche geben, werden sie innerhalb von längstens zwei Wochen von uns beantwortet.“Für die Antragsteller bedeutet das nicht nur, Geduld aufbringen zu müssen, sondern auch, dass sie möglicherweise um ihr Anrecht auf Sozialhilfe umfallen.
SALZBURG. „Der mit Anfang Jänner abgeschaffte Pflegeregress ist für die Betroffenen eine wunderbare Sache“, sagt die Salzburger Vizebürgermeisterin Anja Hagenauer (SPÖ). Senioren, die bisher aufgrund ihres Vermögens als „Selbstzahler“in städtischen und privaten Seniorenwohnheimen lebten, haben nun Anspruch auf Sozialhilfe. Auch das ist in den Augen Hagenauers eine „wunderbare Sache“. Bisheriges Vermögen bleibt verschont, für Eigenleistungen herangezogen wird nur mehr ihr Einkommen. Das ist jener Punkt, bei dem Hagenauer einen sprichwörtlich dicken Hals bekommt. Denn die Umsetzung sei alles andere als wunderbar.
Mittlerweile stapeln sich 300 nicht erledigte Anträge auf Sozialhilfe bisheriger Selbstzahler auf den Schreibtischen im Sozialamt des Magistrats. Und täglich kommen neue dazu. „Unsere Mitarbeiter können die Anträge nicht bearbeiten – was uns dazu fehlt, sind Vorgaben des Soziallandesrats Heinrich Schellhorn. Hier ist er säumig und uns sind die Hände gebunden“, schildert Anja Hagenauer. Die Folge: Die Antragsteller warten seit zwei Monaten auf ihre Bescheide. Oft springen Angehörige finanziell ein, um die offenen Rechnungen zu begleichen. Dann gibt es keine Sozialhilfe für jene Monate, die bereits bezahlt wurden. „Das ist nicht in Ordnung. Diese Menschen haben ein Anrecht auf Sozialhilfe – und durch das Versäumnis von Landesrat Schellhorn fallen sie darum um“, schimpft Anja Hagenauer.
„Wenn die Rechnungen bezahlt werden, bekommen die Antragsteller natürlich keine Sozialhilfe mehr. Denn dann herrscht ja auch keine finanzielle Notlage“, erklärt Landesrat Heinrich Schellhorn (Grüne). Die Vorgehensweise im Sozialamt des Magistrats lasse ihn zudem am Rechtswissen im Sozialamt zweifeln. Zu den offenen Punkten, die Schellhorn laut Hagenauer in einer Vollzugsverordnung beantworten müsste, zählen Fragen wie: Was ist mit den Früchten eines Vermögens? Also Dividenden aus Aktienbeteiligungen, Einnahmen aus Vermietung? „Natürlich zählen Einnahmen aus Vermögen zu den Einkünften! Das war ja schon bisher auch so“, entgegnet Schellhorn. Doch das will Hagenauer nicht gelten lassen. „Und was ist mit nicht vermieteten Eigentumswohnungen? Soll hier eine fiktive Mieteinnahme herangezogen werden?“, fragt sie. Denn immerhin könnte der SeniorenwohnheimBewohner die Wohnung ja vermieten. „Diese und andere nicht ganz einfache Fragen gehören geklärt, und zwar von der Oberbehörde. Das ist das Land. Ich möchte nicht, dass unsere Mitarbeiter solche Entscheidungen aus dem Bauch heraus treffen müssen, denn: Wer kann da sicher sein, dass einander er Mitarbeiter im Sozialamt einer anderen Gemeinde zur selben Bauch entscheidung kommt ?“, fragt Hagenauer.
Schellhorn versteht die Aufregung dennoch nicht. „Ich kann ja nicht im Vorfeld Hundert Fragen klären, die vielleicht oder vielleicht auch nicht auftauchen. Es gibt regelmäßig Gruppenleiter Besprechungen, die Sozialämter können sich jederzeit an unser Ressort wenden. Dort werden offene Fragen binnen schicklicher Frist beantwortet.“Seine Empfehlung für Antragsteller, die auf Bescheide warten: Rechnungen vorerst nicht bezahlen, denn dann fließt im Fall eines Anrechts die Sozialhilfe auch rückwirkend ab Antragstellung.
Doch Hagenauer bleibt dabei: „Ohne klare Richtlinien werden alle negativen Bescheide vor dem Verwaltungsgerichtshof landen. Schellhorn hätte seit dem Beschluss des Gesetzes am 26. Juni letzten Jahres Zeit gehabt, das vorzubereiten. Wenn ich Politik mache, dann habe ich eine Verantwortung. Das was hier passiert, ist verantwortungslos. Schellhorn lässt Amt und Leute im Regen stehen.“
„Das lässt mich am Rechtswissen im Magistrat zweifeln.“Heinrich Schellhorn, Landesrat