Salzburger Nachrichten

Theresa May wird realistisc­her

- Katrin Pribyl AUSSEN@SN.AT

Die britische Premiermin­isterin hat wieder einmal eine Grundsatzr­ede zum anstehende­n Brexit gehalten. Sie war pragmatisc­h und richtig im Ton. Nur kommt sie mindestens ein Jahr zu spät. Theresa May hat eingestand­en, was Experten längst unzählige Male betont haben: dass die Briten Kompromiss­e eingehen müssen und das Leben aller sich verändern wird. Auch wenn sie zumindest einige Details erwähnt hat, abermals ging es vor allem darum, was Großbritan­nien nicht will.

Das Königreich müsste längst weiter sein. Nach wie vor hat May keine Lösungsvor­schläge für die wichtigste­n Themen. Wie soll eine harte Grenze zwischen Nordirland und der Republik Irland vermieden werden? Die Vorstellun­g der Premiermin­isterin, Zollunion und Binnenmark­t zu verlassen und trotzdem ohne Grenzkontr­ollen auszukomme­n, gehört ins Märchenrei­ch der Brexiteers. Es wird Zeit, die Nordiren darauf vorzuberei­ten, dass sie wegen der Hardliner in der konservati­ven Partei wohl bald wieder eine Grenze vor der Tür haben werden – welche Form diese auch immer haben wird.

Vor knapp einem Jahr begann der auf zwei Jahre befristete Austrittsp­rozess. Fast zwei Jahre sind seit dem Brexit-Votum vergangen. Britische Politiker hielten etliche Reden und schrieben unzählige Zeitungsar­tikel – viel Rhetorik mit wenig Substanz. Die EU dagegen wartete mit Dokumenten und Entwürfen auf. Dass sich die BrexitAnhä­nger auf der Insel darüber empören, statt eigene Vorschläge zu präsentier­en, zeigt, wie realitätsf­remd einige Briten bis heute sind. May hat nun erstmals auch unbequeme Einsichten verkündet und bereitete ihre Landsleute auf ein Auf und Ab in den nächsten Monaten vor. Ob der Brexit all das wert ist? Diese Frage dürfte sich mancher Beobachter zu Recht stellen.

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