„The Boss Baby“und „The (Süd-Ost-Tages)-Post“
Was haben die Oscarnacht und die Wahl in Kärnten gemeinsam? Ein Schwarzer gewinnt da nie. Bei uns hier geht es – nicht nur deshalb, weil Südstaatendramen in der Oscarnacht seit Jahrzehnten out sind – nicht um aktuelle Landeskaiser-Titel. Aber weil wir halt doch ein so titelsüchtiges Alpenländchen sind, geht es um Filmtitel und deren mehr oder weniger überschäumende Übersetzung – bzw. Nicht-Übersetzung.
Grundsätzlich zeichnet sich eine höchst erfreuliche Entwicklung ab. Viele der heuer oscarnominierten Streifen von „Call Me By Your Name“, „Dunkirk“, „Get Out“, „Lady Bird“bis „Three Billboards Outside Ebbing, Missouri“wurden von deutschen Verleihern titelmäßig gar nicht einge- bzw. verundeutscht. Andere wurden höchst originalgetreu ins Deutsche transkribiert: „Darkest Hour“(„Die dunkelste Stunde“), „All the Money in the World“(„Alles Geld der Welt“) – oder zumindest halbwegs kreativ: Aus „Shape of Water“wurde dezenterweise „Das Flüstern des Wassers“, aus „Phantom Thread“„Der seidene Faden“. Beim als Doku nominierten Streifen „Icarus“kam man trotz FPÖ-Regierungsbeteiligung mit minimal deutschtümelnder Adaptierung aus: Er heißt bei uns „Ikarus“.
Der Animationsfilm „The Boss Baby“läuft in Österreich als „The Boss Baby“. Im Kanzleramt wird dementiert, dass es sich um einen Kurz-Film handelt – der Film dauere schließlich 98 Minuten.
Trotzdem ist es ein oscarnominierter Animationsfilm, der zu längst überwunden geglaubtem
retardiert: Bei „Ferdinand“konnten es die Verleiher nämlich nicht lassen: Deutscher Titel: „Ferdinand – Geht STIERisch ab“. Und wäre die ÖVP-Zeitung „Südost-Tagespost“nicht 1987 – vermutlich anlässlich des ersten Geburtstags von „The Boss Baby“– eingestellt worden, würde der „WashingtonPost“-Streifen „The Post“bei uns nicht verlegen „Die Verlegerin“heißen, sondern mit Sicherheit „The Süd-Ost-Tages-Post“.
Es ist „Lost in Translation“-mäßig also vieles besser geworden. Woody Allen war einst wegen des deutschen Titels seines oscargekrönten Streifens „Annie Hall“, „Der Stadtneurotiker“, stinksauer. Dabei hatte er vergleichsweise noch Glück: Der zu Recht seinerzeit nicht oscarnominierte Film „Now You See Him, Now You Don’t“wurde 1972 in deutschsprachigen Kinos zu „Es kracht, es zischt, zu seh’n ist nischt“. Aus „Up the Creek“machte der Verleih 1984 „Das turbogeile Gummiboot“und „The Man Who Knew Too Little“wusste nicht, dass er auf Deutsch als „Agent Null Null Nix“enden würde.
Manchmal wurde es auch besser: Der Film „Don’t Look Now“hieß 1973 auf Deutsch „Wenn die Gondeln Trauer tragen“. Wäre der Titel früher bekannt gewesen, hätte der Krimi um das vorgetäuschte Begräbnis eines Schiebers im Nachkriegs-Wien, „The Third Man“, 1949 nicht „Der dritte Mann“, sondern „Wenn die Mundln Trauer tragen“geheißen.
Der All-Time-Oscar in der Kategorie penibelste Übersetzung eines schlechten Films wird heuer – trotz des Glawischnig-Avancements in einem Glücksspielladen – nicht neu vergeben: Er ging ohnedies schon 1992 an „Meh’ Geld“, Original: „Mo’ money“.