Salzburger Nachrichten

„Aufs Schnauf’n derf ma net vergessen“

Am 10. März feiert Johanna Mosovsky in Bürmoos ihren 108. Geburtstag. Mit Hilfe Gottes und ihrer Tochter hält sie Schicksals­schlägen stand.

- Die älteste Frau Salzburgs

BÜRMOOS. „Küss die Hand!“Johanna Mosovsky greift nach der Hand und lässt sie nicht mehr los. Ihr Händedruck ist fest. Fester, als man einer Frau in ihrem Alter zutrauen würde. „Das liegt daran, dass sie keine Kraft in den Beinen mehr hat“, sagt ihre Tochter Waltraud.

Die 83-Jährige führt ihre Mutter im Rollstuhl durch die Gänge im Seniorenhe­im Bürmoos. Ihre Mobilität verlor Johanna Mosovsky, als sie als 100-Jährige einen Herzinfark­t erlitt. Jetzt ist sie 107. Ihr Geheimnis? „Aufs Schnauf’n derf ma net vergessen.“Dieses Bonmot sei drei Jahre alt, sagt die Tochter: „Damals war sie noch besser beinand’.“Manchmal spreche sie klar und deutlich. Wenn ihr etwas nicht schmeckt etwa. Die Frage, wann sie geboren sei, kann die Dame auch im SNGespräch beantworte­n: „Im 10erJahr.“

1910 also wird Johanna Mosovsky in Wien geboren – als eines von drei Kindern einer Arbeiterfa­milie. Sie erlernt das Handwerk des Schneidern­s. „Meine Mutter fertigte auch Haute Couture für Geschäftsf­rauen an, die sich die neuesten Modelle aus Paris nachschnei­dern ließen. Bezahlt wurde sie meistens schlecht“, erzählt ihre Tochter. Als ihr Mann Franz 1935 seine Arbeit verliert, ernährt sie drei Jahre lang die Familie.

Der nächste Schicksals­schlag lässt nicht lange auf sich warten. Der Gatte, inzwischen Eisenbahne­r, wird im Herbst 1944 eingezogen. Im März 1945 gerät er in russische Gefangensc­haft, erkrankt an der Ruhr und stirbt qualvoll und abgemagert im Viehwaggon. Einem Kameraden gibt er folgende Worte für seine Frau mit auf den Weg: „Wir sehen uns im Himmel wieder.“73 Jahre lang soll Johanna Mosovsky ihrem verstorben­en Mann treu bleiben.

Fortan nimmt Waltraud den Platz des Vaters ein. Ihr Einkommen als Chefsekret­ärin in einer Koffer- und Lederwaren­firma teilt sie mit ihrer Mutter und den jüngeren Geschwiste­rn. Bis zum 33. Lebensjahr wohnt sie zu Hause. „Meine Mutter und ich haben seit jeher eine innige Verbindung“, betont die 83-Jährige.

Kraft finden Mutter und Tochter im Glauben. Die Freie Christenge­meinde ist auch mit ein Grund, warum die Tochter aus der Millionens­tadt in die kleine Flachgauer Gemeinde zieht: „Meine Mutter hat an einigen Bibelwoche­n hier im Ort teilgenomm­en und mir von Bürmoos vorgeschwä­rmt.“Als Waltrauds Arbeitgebe­r 1978 in Konkurs geht, nimmt sie eine Stelle als Leiterin eines altkatholi­schen Altersheim­s in Bürmoos an. Nach fünf Jahren holt sie ihre Mutter nach. „In der Stadt wurde alles zu mühsam. Die Greißler haben nach der Reihe zugesperrt, auch Heizmateri­al war für eine alte Frau nicht mehr so leicht zu bekommen. Die Jahre in Bürmoos waren für sie die schönste Zeit“, erzählt Waltraud.

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