Milliardengeschäft mit Einbürgerungen in die EU
Eine Rechercheplattform wirft ein neues Licht auf die „Goldenen Visa“für Reiche – auch Österreich wird genannt.
Oleg Deripaska ist ein bekannter russischer Oligarch. Seit vorigem Jahr ist er auch EU-Bürger. Zypern hat dem kremlnahen Aluminiummagnaten gegen Investitionen auf der Insel die Staatsbürgerschaft gegeben, wie am Wochenende bekannt wurde. Sein erster Antrag 2016 war nicht erfolgreich, weil in Belgien gegen ihn ermittelt wurde. Als die Untersuchungen im Sand verliefen, klappte es.
Aufgedeckt hat das ein Netzwerk von Reportern (OCCRP, Organized Crime & Corruption Reporting Project), das in den vergangenen sechs Monaten die Systeme für „Goldene Visa“gemeinsam mit den Nichtregierungsorganisationen Transparency International und Global Witness genauer unter die Lupe nahm. Erste Ergebnisse veröffentlichte die Rechercheplattform am Montag in Brüssel und online. Sie zeigen, dass der Verkauf von Langzeit-Visa und Staatsbürgerschaften an reiche Investoren ein lukratives Milliardengeschäft ist – für Staaten und spezialisierte Vermittlungsagenturen.
Zypern hat seit 2013 mehr als vier Milliarden Euro damit verdient. Da werde nicht so genau geschaut, woher das Geld komme, um wen es gehe und wie entschieden werde. Das mache die EU anfällig für Korruption und Betrug, kritisieren die Aufdecker und fordern eine Reaktion der EU-Kommission.
Die „Goldene Visa“-Systeme sind in der EU seit Jahren umstritten. 2014 hat Malta die Kriterien für eine Schnell-Staatsbürgerschaft nach Kritik des EU-Parlaments und auf Druck der EU-Kommission an die internationalen Bestimmungen angepasst. Die betuchten Interessenten mussten zumindest ein Jahr auf Malta gelebt haben.
Auch Portugal hat nach einem Bestechungsskandal die Regeln für Visa etwas verschärft. Ungarn wiederum hat Langzeit-Visa für den Kauf von Staatsanleihen angeboten, bis sich herausgestellt hat, dass daran vor allem Offshore-Gesellschaften verdienen, deren Hintermänner nicht bekannt sind. Das Programm ist derzeit gestoppt.
Grundsätzlich bieten zwölf EUStaaten solche Daueraufenthalte oder Einbürgerungsmöglichkeiten für Investoren an. Acht – darunter Zypern, Malta, Portugal, Ungarn und auch Österreich – haben sich die Journalisten vorgenommen. „Was hier vermarktet wird, sind nicht Pässe kleiner Länder, sondern der Zugang zur EU und zum Schengenraum“, betont Jody McPhillips von OCCRP. Österreich biete kein eigentliches Geld-gegen-Visa-System, Menschen würden aber aufgrund geheimer Entscheidungen eingebürgert, sagte McPhillips. Das Innenministerium weist die Vorwürfe zurück: Nach den Skandalen um Visaverkäufe habe der Ministerrat 2014 klare Kriterien festgelegt, wonach Künstler, Sportler oder Wirtschaftstreibende beschleunigt die Staatsbürgerschaft erhalten. Reine Geldflüsse seien jedenfalls zu wenig, heißt es dort. Bedingung ist, dass die Einbürgerung einer Person aufgrund deren „bereits erbrachten und noch zu erwartenden außerordentlichen Leistungen im besonderen Interesse der Republik liegt“. 2017 wurden 21 „Promis“Österreicher (nach 28 im Jahr davor), darunter der deutsche Künstler Anselm Kiefer.
Die EU-Kommission kann in die Vergabe von Staatsbürgerschaften nicht eingreifen, solange EU-Recht respektiert wird. Im Laufe des Jahres wird aber ein Bericht über die nationalen Vorgangsweisen erwartet, der Leitlinien für die Mitgliedsstaaten enthalten soll.
„Diese Systeme stellen ein hohes Korruptionsrisiko dar.“