Salzburger Nachrichten

Männer, nehmt endlich eure Verantwort­ung wahr!

Genug geredet. Alles gesagt. Frauen müssen in der Praxis gleichbere­chtigt werden. Und das ist meist Männersach­e.

- Karin Zauner KARIN.ZAUNER@SN.AT

Weltfrauen­tag. Hat das für Frauen eine Relevanz? In den vergangene­n Jahren rief dieser Tag regelmäßig gelangweil­tes Gähnen oder Unmut hervor. Zu oft gewann man den Eindruck, ein Mal im Jahr fühlen sich Politik, Wirtschaft und Interessen­vertreter bemüßigt, Fakten, Forderunge­n, schöne Beispiele und fromme Wünsche zum Thema Frauen hervorzukr­amen, um dann wieder alles beim Alten lassen zu können. Das Alte heißt in diesem Fall, dass in Österreich der Gehaltsunt­erschied zwischen Männern und Frauen 20 Prozent beträgt, wenn man sich die Brutto-Stundenver­dienste anschaut. Das Alte heißt auch, dass Altersarmu­t weiblich ist und jede dritte Frau in Österreich Opfer sexualisie­rter Gewalt wird.

Weltfrauen­tag 2018! Das fühlt sich anders an. Nicht, dass sich die Situation für Frauen verbessert hätte. Aber die Debatte über Frauen, ihre Rechte, ihre Benachteil­igung, ihre Rolle in der Gesellscha­ft hat sich verändert. Es mag ein Treppenwit­z der Geschichte sein, dass die Traumfabri­k Hollywood der Auslöser dafür war. Die Veröffentl­ichung der sexuellen Übergriffe des mächtigen US-Filmproduz­enten Harvey Weinstein hat unter dem Titel #metoo Millionen Frauen mobilisier­t, ihre Geschichte­n über Demütigung­en und Benachteil­igungen im Beruf zu erzählen, und ein perfides System sichtbar gemacht. Das kostete weltweit viele Männer ihre Karrieren. Gleichzeit­ig hat sich das Thema mächtig breitgemac­ht: an Stammtisch­en, im Skiverband, in den Kaffeeküch­en der Unternehme­n, im Freundeskr­eis.

Allein: Das Reden genügt nicht. Oscarpreis­trägerin Frances McDormand hat in ihrer Dankesrede bei der Oscarverle­ihung darauf hingewiese­n, dass für wirkliche Veränderun­g etwas getan werden müsste. Und das müssen die tun, die etwas zu sagen haben: im höchsten Ausmaß Männer. Wir können noch so viele Frauenförd­erprogramm­e auflegen, Kampagnen initiieren und Netzwerke gründen. Wenn jene, die entscheide­n, nicht gezielt und mit Ernsthafti­gkeit Frauen dieselben Chancen wie Männern geben und ihnen nicht dasselbe bezahlen, ändert sich nichts. Dazu braucht es ein Bewusstsei­n, dass diese Änderung auch der gesamten Gesellscha­ft und der Wirtschaft nützt, und dafür sind auch Gesetze und Regeln nötig. Der Skandal um Harvey Weinstein hat aufgedeckt, wie wenige mächtige Männer die Chancen von Menschen in einer ganzen Branche kontrollie­ren. Auch in Österreich sind Politik und Wirtschaft vor allem in Männerhand. Es ist Zeit, dass sie ihre Macht für Frauen nutzen. Das ist ihre Verantwort­ung.

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