Stress schlägt nicht immer auf den Magen
Salzburger Psychologen erhalten für ihre Untersuchungen zum Essverhalten einen mit 1,3 Millionen Euro dotierten Förderpreis der EU.
Die Zahl der Menschen, die bei Stress mehr essen, hält sich mit der Zahl jener, die bei Stress weniger essen, die Waage. Salzburger Psychologen wollen nun Trainingsmethoden für Frustesser entwickeln.
Unter Stress zeigen manche Menschen ein ausgeprägtes Verhalten: Es gibt Stressesser, die hemmungslos futtern. Sie neigen dazu, bei Dauerstress Übergewicht zu entwickeln. Stresshungerer andererseits leiden bei Kummer, Ärger oder Hektik unter Appetitlosigkeit und verlieren bei anhaltendem Stress häufig an Gewicht.
Essen dient der Regulation von Stress und Emotionen. Salzburger Psychologen untersuchen das. Ein für sie überraschendes Ergebnis ist, dass die Zahl der Menschen, die bei Stress mehr essen, sich ungefähr die Waage hält mit der Zahl der Menschen, die bei Stress weniger essen. Dieses Studienresultat relativiert bisherige Erkenntnisse über das Frustessen.
Die Arbeitsgruppe um den Essstörungsforscher Jens Blechert vom Fachbereich Psychologie der Universität Salzburg hat deshalb die Untersuchungen verändert. „Wir wollen in einem neuen innovativen Ansatz die emotionalen Prozesse untersuchen, die unser Essverhalten beeinflussen“, sagt er.
Die Salzburger Forscher haben neue Fragebögen entwickelt, in denen zwischen Stress und negativen Emotionen (Traurigkeit, Ärger, Ängstlichkeit) sowie positiven Emotionen unterschieden wird. Außerdem erfassen sie nicht nur das „emotionale Überessen“, sondern auch das „emotionale Unteressen“. Um die Aussagekraft der Studien zu erhöhen, kombinieren die Salzburger Psychologen die Laboruntersuchungen mit Alltagsmessungen mittels einer Smartphone-App, die das Essverhalten und Stresssituationen in Echtzeit erfasst.
Die Ergebnisse seien teilweise anders als erwartet, sagt Projektmitarbeiter Adrian Meule: „Viele berichten auch, dass sich ihre gegessene Nahrungsmenge durch Stress nicht ändert. Gleiches gilt für das Essen bei Fröhlichkeit. Bei Traurigkeit tendiert die Mehrheit dazu, mehr zu essen. Dass die meisten bei Ärger und Ängstlichkeit weniger essen, könnte mit der körperlichen Erregung zusammenhängen, sie unterdrückt den Appetit.“
Auffallend ist für die Forscher, dass diejenigen, die angeben, in schlechter Stimmung mehr zu essen, meist bereits einen höheren Body-Mass-Index (BMI) haben. Genau umgekehrt ist es bei positiven Emotionen. In guter Stimmung lassen es sich vor allem die Schlanken gut und ausgiebig schmecken. „Stress schlägt sehr unterschiedlich auf den Magen“, sagt Meule.
Die Forscher wollen nun individuelle Trainingsmethoden für Frustesser entwickeln. Für eine neue Studie dazu werden noch Teilnehmerinnen gesucht. Mitmachen können Frauen zwischen 16 und 50 Jahren mit einem BMI ab 25. Neben einer Fahrtkostenerstattung und 30 Euro Aufwandsentschädigung erhalten die Teilnehmerinnen eine individuelle detaillierte Rückmeldung ihrer Studienergebnisse.