Spaniens Frauen ließen das Land stillstehen
Hunderttausende demonstrierten am Weltfrauentag gegen eine „Macho-Gesellschaft, die alles durchtränkt“.
Mit einem lauten Konzert begann am Donnerstag Spaniens erster Streik der Frauen. Auf Madrids berühmtem Platz Puerta del Sol trommelten Hunderte mit Kochlöffeln auf Töpfe und Pfannen. Unter dem Motto „Wenn wir streiken, steht die Welt still“hatten feministische Organisationen und Gewerkschaften dazu aufgerufen, im ganzen Land die Arbeit niederzulegen und für ein Ende der Lohndiskriminierung und des Machismus in Spanien zu demonstrieren.
„Wir sind es leid“, betonte eine Sprecherin des Streikkomitees in Madrid. „Wir bekommen nicht die gleichen Löhne wie die Männer.“Dabei seien viele Frauen durch Beruf und Haushalt sogar doppelt belastet. In der Tat zeigt die Studie der Wirtschaftsstiftung Fedea, dass Spaniens Frauen für die gleiche Arbeit im Durchschnitt 13% weniger Geld bekommen als ihre männlichen Kollegen. Zudem verbringen Spanierinnen zu Hause doppelt so viel Zeit am Herd wie ihre männlichen Lebenspartner. Das ergab eine Untersuchung der Regierung.
„Wenn die Frauen streiken, dann muss man das merken. Heute gibt es keine Sendung“, twitterte die prominente TV-Moderatorin Ana Rosa, die ihre Sendung auf dem Kanal Telecinco abgesagt hatte. Viele bekannte Moderatorinnen der Nation taten es ihr gleich und erschienen nicht zur Arbeit. Ihre Programme fielen aus oder wurden von männlichen Kollegen übernommen. Mehr als 7000 Medienfrauen hatten zuvor ein Manifest gegen den Machismus unterzeichnet, in dem sie schlechte Arbeitsbedingungen, Lohndiskriminierung, geringere Aufstiegschancen und sexuelle Belästigungen beklagen.
Obwohl Spanien am Donnerstag nicht komplett stillstand, war der Aufstand allerorten zu spüren: Am Morgen blockierten Frauengruppen in Städten wie Barcelona oder Valencia Hauptverkehrsstraßen. 300 Lang- und Mittelstreckenzüge fielen aus, im Nahverkehr gab es erhebliche Behinderungen. In etlichen Schulen und Universitäten fiel der Unterricht aus. In Krankenhäusern und Amtsstuben kam es zu langen Wartezeiten. Spaniens Regierung hatte Notdienste angeordnet, was die Auswirkung abfederte.
Der Streik bestimmte auch die Tagesordnung der Politik: Das Parlament ersetzte die Plenarsitzung durch ein Kolloquium zum Thema Gleichstellung. Parlamentsvorsitzende Ana Pastor von der regierenden konservativen Volkspartei sagte: „Alle Frauen, gleich welcher politischen Richtung, wissen, dass wir in einer Macho-Gesellschaft leben, die alles durchtränkt, und dass die Macht immer noch in der Hand der Männer ist.“Das historische Parlament in Madrid leuchtete in den Morgen- und Abendstunden in Lila – der Farbe des Feminismus.