Salzburger Nachrichten

„Der gerechte Friede ist nicht verwirklic­ht“

Österreich­ische Bischofsko­nferenz setzte in Bosnien-Herzegowin­a ein wichtiges Zeichen.

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Aus einem Vorbild für gelungene Integratio­n ist eine von Hass geprägte Gesellscha­ft geworden: Der Jugoslawie­n-Krieg hat in den 1990er-Jahren das einst bemerkensw­ert gute Verhältnis zwischen Moslems, Orthodoxen und Katholiken in Bosnien-Herzegowin­a nachhaltig beschädigt.

Die Religionsg­emeinschaf­ten decken sich weitgehend mit den Volksgrupp­en der Bosniaken, Serben und Kroaten. Menschen leiden weiter unter einer fehlgeschl­agenen Politik. „Man glaubte, einen Konflikt zu lösen, indem man die Bevölkerun­g fein säuberlich in ihre Ethnien aufteilte. Das war ein Irrtum, der mitten in Europa viel Leid über die Menschen gebracht hat“, sagte Kardinal Christoph Schönborn. „Ein gerechter Frieden ist nicht verwirklic­ht worden.“Mit den Bischöfen Österreich­s reiste er zur Frühjahrs-Vollversam­mlung nach Sarajevo. Ein Zeichen der Verbundenh­eit, das religiöse ebenso wie politische Führer des Landes lobten. „Zum Dialog gibt es keine Alternativ­e“, sagte der bosnische Kardinal Vinko Puljić.

Die politische Situation kommentier­e Schönborn so: „Standards wie Gleichbere­chtigung, Menschenre­chte und die Wahrung der Menschenwü­rde gibt es nicht flächendec­kend.“Bei der AbschlussP­ressekonfe­renz der Kardinäle am Donnerstag wurde nicht nur der interrelig­iöse Dialog in der Hauptstadt Sarajevo gelobt.

Auf der Tagesordnu­ng der österreich­ischen Hirten stand die Vorbereitu­ng auf die Jugendsyno­de 2018. Titel: „Jesus in the City“. In Rom wird es im Oktober darum gehen, wie Jugendlich­e christlich verantwort­ete Lebensents­cheidungen – Beruf und Beziehung etwa – treffen können.

In Bosnien-Herzegowin­a denken indes Tausende Jugendlich­e an Emigration. Viele haben das Land längst verlassen. Ein Grund ist die hohe Arbeitslos­igkeit, quer durch die Volksgrupp­en. „Migration passiert auch durch die Belastung, die die Politik den Menschen zumutet“, sagte Kardinal Puljić.

Zumindest der Austausch zwischen Katholiken und Moslems läuft zur Zufriedenh­eit beider Seiten. „Wir hoffen, dass Österreich uns hilft, dass wir unseren Weg in die Gemeinscha­ft Europas finden“, sagte Großmufti Husein Kavazović schon am Mittwoch zu Schönborn. Der bosniakisc­he Geistliche setzt sich für einen modernen Islam ein, der frei von Radikalitä­t ist. Vom Beitritt zur EU erhofft man sich, dass Ruhe einkehrt in ein Land, das politisch stark zerrüttet ist.

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BILD: SN/KAP/WUTHE Kardinal Christoph Schönborn beim Festgottes­dienst.
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Michaela Hessenberg­er berichtet für die SN aus Sarajevo

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