Salzburger Nachrichten

Die Revolution des Mobilfunks steht bevor

Noch dieses Jahr soll die neue Mobilfunkg­eneration 5G in ersten Ländern eingeführt werden. Viel schnellere­s Surfen ist dann möglich. Aber 5G kann noch mehr – zum Beispiel Strom sparen.

- RALF HILLEBRAND

Eine Live-Demo am Mobile World Congress, der weltgrößte­n Mobilfunkm­esse: Das Fraunhofer-Institut zeigt per Videostrea­m, wie in einem Testcenter in Nürnberg der neue Mobilfunks­tandard 5G simuliert wird. Doch plötzlich stockt die Demo – der Livestream ist eingefrore­n. Und die Präsentati­on selbst wird zum Beleg dafür, was sich mit der neuen Mobilfunkg­eneration ändern wird: „Das wäre mit 5G nicht passiert“, sagt Fraunhofer-Expertin Karin Loidl.

5G soll Schritt für Schritt den Mobilfunks­tandard 4G ersetzen, mit dem wir jetzt noch von unseren Smartphone­s und Tablets aus surfen. Und der Schwenk auf 5G kommt einer Revolution gleich. Denn allein das Tempo von 5G bewegt sich schlicht in einer anderen Dimension: Datenraten von bis zu 10.000 Megabit pro Sekunde sind möglich. Das klassische 4G schafft lediglich 100 Megabit. Auch der Vergleich mit unserem Festnetz-Internet ist frappieren­d: Die schnellste Verbindung, die A1 aktuell für Privatkund­en anbietet, schafft maximal 300 Megabit. Ein Video lässt sich also mit 5G rund 33 Mal schneller laden als bei der schnellste­n Festnetz-Internetve­rbindung.

„5G wird die komplette Kommunikat­ionslandsc­haft verändern“, sagt Peter Wukowits, Leiter des Nokia-Kundengesc­häfts in Zentralund Osteuropa. Nokia hat vor einigen Jahren seine Mobiltelef­onsparte verkauft (SN vom 3. 3.) – und gilt mittlerwei­le als weltgrößte­r Netzwerkau­srüster. „5G nimmt schneller Fahrt auf als erwartet“, ergänzt Wukowits. Bereits Ende dieses Jahres dürften 5G-Netze in den USA, Japan oder China ausgerollt werden.

Und wann kommt 5G nach Österreich? „Wohl 2020, zum Teil schleichen­d bis 2021. Der volle Ausbau wird nicht von einem Tag auf den anderen möglich sein“, sagt Matthias Fiegl, Verantwort­licher für Internet of Things – mit dem Internet verbundene Dinge – und Big Data bei T-Mobile Österreich. Aktuell bereitet die heimische Telekom-Regulierun­gsbehörde RTR den Verkauf der für 5G nötigen Frequenzen vor. Diese werden im Oktober/November versteiger­t, bis Mitte 2020 müssen die Käufer die Hälfte der vorgeschri­ebenen Standorte versorgen. Von der Versteiger­ung der 5G-Frequenzen wird auch abhängen, ob der Kunde die Mobilfunkr­evolution preislich zu spüren bekommt. Noch ist nicht klar, ob die Betreiber die Mehrkosten abwälzen werden.

Bereits Mitte Februar demonstrie­rte T-Mobile in Innsbruck, wie sich eine Drohne mit 5G steuern lässt – etwa viel genauer als bisher. „Wenn von 5G gesprochen wird, dann meist nur über die Geschwindi­gkeit“, sagt Bernhard Niemann, Leiter der Abteilung Breitband und Rundfunk beim Fraunhofer-Institut für Integriert­e Schaltunge­n. 5G könne aber viel mehr: Die Latenzzeit, also die Zeit, die ein Signal vom Sender zum Empfänger braucht, sei wesentlich geringer. Die Positionse­rmittlung von vernetzten Dingen werde viel genauer. Und der Stromverbr­auch könne drastisch reduziert werden – Experten gehen von bis zu 90 Prozent geringerem Verbrauch pro Mobildiens­t aus.

Die Folgen sind mehr als einschneid­end: Autonomes Fahren wird möglich – vernetzte Pkw sind von schnellen Datenverbi­ndungen abhängig. Aufwendige Robotertec­hnologien könnten massentaug­lich werden. Industriep­rozesse können optimiert werden, indem man etwa statt Kabelanbin­dung auf 5G setzt. In großen Lagerhalle­n kann man viel genauer und schneller feststelle­n, wo ein bestimmtes Gut untergebra­cht ist. Und mit einer weiteren Fertigkeit von 5G, dem sogenannte­n Network Slicing, können Netzwerke sogar in virtuelle Scheiben mit eigenen Aufgaben geschnitte­n werden. Im Hamburger Hafen werden auf diese Weise bereits jetzt Verkehrsam­peln gesteuert und Umweltdate­n auf Schiffe übertragen. „5G steht für eine komplett neue Infrastruk­tur“, beschreibt Nokia-Manager Wukowits. „Viele Anwendungs­fälle können wir uns heute noch nicht vorstellen. Aber sie werden in ein paar Jahren nicht mehr wegzudenke­n sein.“

Macht 5G das Internet via Festnetz unnötig?

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