Die Revolution des Mobilfunks steht bevor
Noch dieses Jahr soll die neue Mobilfunkgeneration 5G in ersten Ländern eingeführt werden. Viel schnelleres Surfen ist dann möglich. Aber 5G kann noch mehr – zum Beispiel Strom sparen.
Eine Live-Demo am Mobile World Congress, der weltgrößten Mobilfunkmesse: Das Fraunhofer-Institut zeigt per Videostream, wie in einem Testcenter in Nürnberg der neue Mobilfunkstandard 5G simuliert wird. Doch plötzlich stockt die Demo – der Livestream ist eingefroren. Und die Präsentation selbst wird zum Beleg dafür, was sich mit der neuen Mobilfunkgeneration ändern wird: „Das wäre mit 5G nicht passiert“, sagt Fraunhofer-Expertin Karin Loidl.
5G soll Schritt für Schritt den Mobilfunkstandard 4G ersetzen, mit dem wir jetzt noch von unseren Smartphones und Tablets aus surfen. Und der Schwenk auf 5G kommt einer Revolution gleich. Denn allein das Tempo von 5G bewegt sich schlicht in einer anderen Dimension: Datenraten von bis zu 10.000 Megabit pro Sekunde sind möglich. Das klassische 4G schafft lediglich 100 Megabit. Auch der Vergleich mit unserem Festnetz-Internet ist frappierend: Die schnellste Verbindung, die A1 aktuell für Privatkunden anbietet, schafft maximal 300 Megabit. Ein Video lässt sich also mit 5G rund 33 Mal schneller laden als bei der schnellsten Festnetz-Internetverbindung.
„5G wird die komplette Kommunikationslandschaft verändern“, sagt Peter Wukowits, Leiter des Nokia-Kundengeschäfts in Zentralund Osteuropa. Nokia hat vor einigen Jahren seine Mobiltelefonsparte verkauft (SN vom 3. 3.) – und gilt mittlerweile als weltgrößter Netzwerkausrüster. „5G nimmt schneller Fahrt auf als erwartet“, ergänzt Wukowits. Bereits Ende dieses Jahres dürften 5G-Netze in den USA, Japan oder China ausgerollt werden.
Und wann kommt 5G nach Österreich? „Wohl 2020, zum Teil schleichend bis 2021. Der volle Ausbau wird nicht von einem Tag auf den anderen möglich sein“, sagt Matthias Fiegl, Verantwortlicher für Internet of Things – mit dem Internet verbundene Dinge – und Big Data bei T-Mobile Österreich. Aktuell bereitet die heimische Telekom-Regulierungsbehörde RTR den Verkauf der für 5G nötigen Frequenzen vor. Diese werden im Oktober/November versteigert, bis Mitte 2020 müssen die Käufer die Hälfte der vorgeschriebenen Standorte versorgen. Von der Versteigerung der 5G-Frequenzen wird auch abhängen, ob der Kunde die Mobilfunkrevolution preislich zu spüren bekommt. Noch ist nicht klar, ob die Betreiber die Mehrkosten abwälzen werden.
Bereits Mitte Februar demonstrierte T-Mobile in Innsbruck, wie sich eine Drohne mit 5G steuern lässt – etwa viel genauer als bisher. „Wenn von 5G gesprochen wird, dann meist nur über die Geschwindigkeit“, sagt Bernhard Niemann, Leiter der Abteilung Breitband und Rundfunk beim Fraunhofer-Institut für Integrierte Schaltungen. 5G könne aber viel mehr: Die Latenzzeit, also die Zeit, die ein Signal vom Sender zum Empfänger braucht, sei wesentlich geringer. Die Positionsermittlung von vernetzten Dingen werde viel genauer. Und der Stromverbrauch könne drastisch reduziert werden – Experten gehen von bis zu 90 Prozent geringerem Verbrauch pro Mobildienst aus.
Die Folgen sind mehr als einschneidend: Autonomes Fahren wird möglich – vernetzte Pkw sind von schnellen Datenverbindungen abhängig. Aufwendige Robotertechnologien könnten massentauglich werden. Industrieprozesse können optimiert werden, indem man etwa statt Kabelanbindung auf 5G setzt. In großen Lagerhallen kann man viel genauer und schneller feststellen, wo ein bestimmtes Gut untergebracht ist. Und mit einer weiteren Fertigkeit von 5G, dem sogenannten Network Slicing, können Netzwerke sogar in virtuelle Scheiben mit eigenen Aufgaben geschnitten werden. Im Hamburger Hafen werden auf diese Weise bereits jetzt Verkehrsampeln gesteuert und Umweltdaten auf Schiffe übertragen. „5G steht für eine komplett neue Infrastruktur“, beschreibt Nokia-Manager Wukowits. „Viele Anwendungsfälle können wir uns heute noch nicht vorstellen. Aber sie werden in ein paar Jahren nicht mehr wegzudenken sein.“
Macht 5G das Internet via Festnetz unnötig?