Die EU Behörde in Brüssel bestätigt: Bestimmte Insektizide sind ein Risiko für Bienen
WIEN. Seit mindestens 110 Millionen Jahren prägt „der Bien“das Leben auf unserer Erde. Er dient seit der Kreidezeit einer riesigen Pflanzengruppe als Bestäuber. Nur so können sich diese vermehren. „Herr Bien“– so nennt der Imker Tim Koch liebevoll das Volk der Bienen. Es besteht zumeist aus abertausenden Individuen und handelt doch als ein einziger Organismus. Koch, Nebenerwerbsimker und Philosoph der Humboldt-Universität in Berlin, betrachtet die fleißigen Bienchen als Wesenheit, ausgestattet mit einer verblüffenden Schwarmintelligenz. In seinem Buch zeigt er, wer der Bienen größte Feinde sind: die Menschen.
Ohne Biene keine Äpfel, schreibt er. Wenn es nach dem Willen der Agrochemiekonzerne wie Monsanto ginge, wäre das zunehmende Fehlen eines natürlichen Zyklus auf den Feldern kein Hindernis. Dann würden in Zukunft Roboterbienen die Pflanzen bestäuben. Klar ist dann auch: Bestäubt wird nur noch, was Geld in die Kassa bringt. „Allein die Argumente, mit denen diese Forschungen gerechtfertigt werden, sind alarmierend“, schreibt Koch.
Weltweit wird wegen des allgemeinen Bienensterbens an fliegenden Minidrohnen geforscht, die künftig die Arbeit von Bienen und Hummeln übernehmen sollen. Erste vielversprechende Prototypen gibt es bereits. Die japanische Version ist mit Pferdehaaren bestückt, an denen die Pollen hängen bleiben sollen. In den USA denkt man weiter: Dort soll es intelligente „RoboBees“geben, welche die Bienensprache verstehen und sich im Stock mit echten Bienen mischen. Dort sollen sie die Bienen vor Gefahren warnen – wie nett – und sie zu Blumenfeldern bringen. Natürlich nur zu solchen, welche der winzige Roboter von seinen Auftraggebern eingespeichert hat.
Und – ein Stück weiter gedacht – könnten dann Cyberangriffe auf „RoboBee“-Programme dazu führen, dass nicht mehr bestäubt wird und Hungersnöte ausbrechen.
Über dieses und über die Ausbeutung der Bienen durch den Menschen, aber auch über die Symbiose, die der Mensch seit Jahrtausenden mit den brummenden, pelzigen Freunden eingeht, schreibt Tim Koch in seinem Buch. Es ist eines für Menschen, die die Welt gern haben. Und sich dennoch vor der Realität nicht verschließen. Beim nächsten Honigbrot also daran denken: Für hundert Gramm Honig müssen die Bienen etwa eine Million Blüten besucht haben. Für Bienen sind Neonicotinoide eine Gefahr. Das hat die Europäische Behörde für Lebensmittelsicherheit (EFSA) klargestellt. Neonicotinoide sind hochwirksame Insektizide. Sie sind künstlich hergestellte Wirkstoffe, die Nervenleitbahnen stören. Im Fokus der Untersuchung standen drei für Bienen giftige Insektizide (Clothianidin, Thiamethoxam und Imidacloprid). Für diese Schädlingsbekämpfungsmittel hatte die Kommission bereits ein Freilandverbot vorgeschlagen, die Staaten wollten aber für Diskussionen darüber den EFSA-Bericht abwarten. Experten der Behörde werteten Studien zu dem Thema aus. Insgesamt wurde das Risiko für drei Bienentypen bestätigt. Untersucht wurde die Gefahr für Honig- und Wildbienen und Hummeln. 2013 ergab eine Studie, dass die drei Insektizide, etwa für Saatgut eingesetzt, ein erhebliches Risiko für Honigbienenvölker darstellen. Aufgrund mangelnder Daten konnte die Bewertung insbesondere für Wildbienen damals nicht abgeschlossen werden. Nur in Gewächshäusern und bei ausgewählten Nutzpflanzen wie Wintergetreide dürfen die Insektengifte weiterhin zum Einsatz kommen. Am 24. März werden die EU-Mitgliedstaaten das Verbot beschließen. Höchste Zeit. Denn das Bienensterben bedroht die Landwirtschaft auf der ganzen Welt. Der volkswirtschaftliche Wert der Bestäubungsleistung der Bienen in Österreich beträgt etwa 900 Millionen Euro pro Jahr. Europaweit liegt er bei 15 Milliarden, weltweit bei fast 300 Milliarden Euro. Ohne Bestäubung der Bienen würde der Ertrag vieler Früchte um 40 bis 90 Prozent sinken. Darunter sind Apfel, Birne, Zwetschke, Gurke, Zucchini, Kürbis, Pfirsich, Nektarine, Kirschen, Marille, Weichsel, Himbeere, Brombeere, Heidelbeere.