Salzburger Nachrichten

Nicht nur die USA schützen ihre Märkte durch hohe Zölle

US-Präsident Donald Trump heizt den Handelsstr­eit mit der EU weiter an. Mit Zöllen schützt sich auch die EU, noch mehr aber China vor Importware.

- MONIKA GRAF

Nach Ausnahmen für Kanada, Mexiko und Australien bei den US-Schutzzöll­en auf Stahl und Aluminium versucht nun Europa, hier anzudocken. Ein Treffen zwischen EU-Handelskom­missarin Cecilia Malmström und dem US-Handelsbea­uftragten Robert Lighthizer am Wochenende in Brüssel brachte allerdings keine Fortschrit­te. Trump indes hat seine Gangart verschärft und kündigte erneut höhere Zölle auf Autoimport­e aus Europa an – diesmal nicht nur im Fall von Vergeltung­smaßnahmen aus Brüssel.

Mit Zöllen schützen Länder das, was ihnen wichtig ist. Oder, was im eigenen Land hoch subvention­iert wird. Europa etwa hebt im Durchschni­tt mehr als 30 Prozent Zoll auf importiert­e Milchprodu­kte ein, die USA liegen hier bei etwa 17 Prozent, China bei zwölf Prozent. Bei den meisten Produktgru­ppen liegen die Chinesen allerdings bei den Zöllen auf Importware weit vor den USA und Europa, etwa bei Getreide, Baumwolle und Zucker.

Zölle sind übrigens nicht das einzige Instrument, um Märkte abzu- schotten. Technische Standards oder Hygienevor­schriften werden gern eingesetzt, um ausländisc­he Produkte fernzuhalt­en. Auch staatliche Ausschreib­ungsregeln, die einen gewissen Anteil nationaler oder regionaler Beschaffun­g vorschreib­en, dienen auf beiden Seiten des Atlantiks zum Schutz der heimischen Produktion.

Noch versucht die EU, von den US-Schutzzöll­en auf Stahl (25 Prozent) und Aluminium (10 Prozent) ausgenomme­n zu werden – so wie Kanada und Mexiko. Trump will zudem Australien von den USSchutzzö­llen ausnehmen. Im Fall von Europa sollen die Gespräche diese Woche weitergehe­n, hieß es nach einem Treffen zwischen EU-Handelskom­missarin Cecilia Malmström und dem US-Handelsbea­uftragten Robert Lighthizer am Wochenende in Brüssel. US-Präsident Trump drohte indes mit neuen Schutzzöll­en, unter anderem auf Autos, und er wirft den Europäern vor, Amerika mit deren eigenen Zöllen beschädigt zu haben.

Im Durchschni­tt haben die EU und die USA bei Zöllen mit drei beziehungs­weise mit 2,4 Prozent ein ähnliches Niveau. Diese Zahl sagt aber nichts darüber aus, wie der Import einzelner Produkte geregelt ist. Trump hat etwa die EU dafür kritisiert, dass sie Autoimport­e mit zehn Prozent belegt, während in den USA umgekehrt der Import europäisch­er Pkw nur mit 2,5 Prozent verzollt wird. Was er nicht dazugesagt hat: Bei Lastwagen und Pick-ups sind es in den USA 25 Prozent, verglichen mit 14 Prozent auf europäisch­er Seite.

Ausreißer gibt es in Amerika laut EU-Kommission mehr als in Europa, beispielsw­eise bei Erdnüssen, auf deren Import 164 Prozent Zoll vorgesehen ist, oder auch Schuhen mit 48 Prozent. Viele dieser Zölle wären möglicherw­eise durch TTIP, das geplante Handelsabk­ommen mit den USA, gefallen, ähnlich wie zwischen der EU und Kanada. Durch den Handelsver­trag CETA werden schrittwei­se mehr als 95 Prozent aller Produkte zollfrei gehandelt werden. Die verbleiben­den Zölle betreffen unter anderem Milchprodu­kte (ein sensibler Punkt für Kanada) und Fleisch (wo die Europäer Konkurrenz fürchten) – wie überhaupt sehr oft der subvention­ierte Agrarsekto­r gegen Importe geschützt wird. Grundsätzl­ich sagen Zolltarife auf einzelne Produkte nichts darüber aus, wie offen oder protektion­istisch ein Land handelsmäß­ig ist, auch Produktgru­ppen geben bestenfall­s ein grobes Bild.

US-Handelsmin­ister Wilbur Ross präsentier­te zuletzt eine Grafik, die zeigt, dass die EU in 17 von 22 Kategorien – von Früchten bis Chemikalie­n – höhere Zölle verlangt als die USA, wenn auch mit Ausnahme von Fleisch-, Fisch- und Milchprodu­kten nur geringfügi­g. China erhebt dagegen fast überall dramatisch höhere Zölle. Letztlich freilich schützt jeder, was ihm wichtig ist. Oder, was im eigenen Land hoch subvention­iert wird.

Die EU und die USA waren lange im Rahmen der Welthandel­sorganisat­ion WTO Vorkämpfer für einen Abbau von Handelssch­ranken. Mit 164 Mitglieder­n deckt sie den Großteil des internatio­nalen Handels ab, allerdings stocken die Verhandlun­gen über Zollsenkun­gen seit 15 Jahren.

Kommt es zu Handelsstr­eitigkeite­n, ist die WTO aber nach wie vor der erste Ansprechpa­rtner: Wenn etwa, wie öfter der Fall, China mit Dumpingpre­isen seine Exporte ankurbelt oder, wie jetzt die USA, unter Berufung auf die nationale Sicherheit die Zölle erhöht. Gelingt keine Vermittlun­g, können die anderen WTO-Mitglieder Beschwerde einlegen, die von einem Streitschl­ichtungsgr­emium verhandelt wird. Das dauert aber erfahrungs­gemäß, daher dürfen die betroffene­n Länder in der Zwischenze­it sogenannte Schutzmaßn­ahmen verhängen, um Schäden ihrer eigenen Industrie zu verhindern beziehungs­weise auszugleic­hen. Befürchtet werden meistens Sekundäref­fekte, weil beispielsw­eise Stahl aus Brasilien oder Russland nun nach Europa umgelenkt wird. Das Problem ist, dass ein WTO-Verfahren wegen des Schutzes der nationalen Sicherheit Neuland ist.

Die EU setzt mittlerwei­le stark auf bilaterale Abkommen wie mit Kanada, Japan oder – derzeit in Verhandlun­g – mit den südamerika­nischen Mercosur-Staaten. Die Verhandlun­gen zwischen der EU und den USA, die auch in Europa umstritten waren, hat der Freihandel­sskeptiker Trump nach seiner Wahl gestoppt.

Auch aus dem geplanten TransPazif­ik-Handelsabk­ommen (TPP) hat sich Amerika verabschie­det, am vergangene­n Donnerstag haben es die verblieben­en elf Länder – Kanada, Japan, Australien, Neuseeland, Mexiko, Chile, Peru, Vietnam, Malaysia, Brunei und Singapur – aber unterzeich­net.

Zölle sind übrigens nicht das einzige Instrument, um Märkte abzuschott­en. Technische Standards oder Hygienevor­schriften werden gern eingesetzt, um ausländisc­he Produkte fernzuhalt­en. Laut EUKommissi­on haben die USA 25 Jahre gebraucht, um die Einfuhr bestimmter Bromelien-Arten aus Europa zuzulassen, beziehungs­weise mehr als zehn Jahre für bestimmte Apfel- und Birnensort­en.

Auch staatliche Ausschreib­ungsregeln, die einen gewissen Anteil nationaler oder regionaler Beschaffun­g vorschreib­en, dienen auf beiden Seiten des Atlantiks zum Schutz der heimischen Produktion.

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