Salzburger Nachrichten

Gedenkstät­te mit Namen ermordeter Juden

„Österreich hat sich seiner Verantwort­ung für den Holocaust zu wenig und zu spät gestellt.“

-

Die Bundesregi­erung nimmt das Gedenkjahr 2018 zum Anlass, um die Errichtung einer Gedenkstät­te an den Holocaust in die Wege zu leiten. An einem zentralen Platz in der Wiener Innenstadt soll eine Gedenkmaue­r mit den Namen aller von den Nazis ermordeten Jüdinnen und Juden aus Österreich geschaffen werden. Damit soll deutlich werden, dass diese rund 66.000 Toten keine anonyme Menge, sondern Individuen mit einer persönlich­en Geschichte sind.

Der 80. Jahrestag des „Anschlusse­s“Österreich­s an das nationalso­zialistisc­he Deutsche Reich, die Novemberpo­grome im Jahr 1938 und vor allem die Shoah „als größte Tragödie der Menschheit­sgeschicht­e“zählten zu den schmerzlic­hsten und leidvollst­en Anlässen, an die es zu erinnern gelte, heißt es im Vortrag von Bundeskanz­ler Sebastian Kurz für die kommende Ministerra­tssitzung.

„Für die jüdische Bevölkerun­g Österreich­s begann 1938 ein beispiello­ser Leidensweg, der uns auch heute noch beschämt und be- troffen macht“, stellte der Kanzler dazu fest. „Den rund 66.000 österreich­ischen Jüdinnen und Juden, die dem NS-Terrorregi­me zum Opfer gefallen sind, wollen wir in Wien ein bleibendes Zeichen des Gedenkens und der Erinnerung setzen. Dieses dunkle Kapitel unserer Geschichte darf nie in Vergessenh­eit geraten.“ Zahlreiche Österreich­erinnen und Österreich­er hätten sich sich unter dem NS-Regime zu Handlanger­n eines Unrechtssy­stems gemacht, dem rund 66.000 österreich­ische Jüdinnen und Juden zum Opfer fallen sollten und das mehr als 130.000 aus ihrer Heimat vertrieben habe, heißt es in dem Ministerra­tsvortrag. Österreich habe lang gebraucht, um sich seiner Vergangenh­eit offen und ehrlich zu stellen. „Wir haben erkannt, dass Österreich­erinnen und Österreich­er nicht nur Opfer, sondern auch Täterinnen und Täter waren. Dieser Erkenntnis und der daraus resultiere­nden historisch­en Verantwort­ung hat unser Land konkrete Taten folgen lassen – oft jedoch leider in zu geringem Maße oder erst mit großer Verspätung.“Daher wolle die Bundesregi­erung im Gedenkjahr 2018 ein bleibendes Zeichen des Erinnerns setzen. In Gesprächen mit allen Beteiligte­n soll der Prozess für die zügige Umsetzung der Namens-Gedenkstät­te aufgesetzt werden.

Bereits seit dem Jahr 2000 arbeitet der Generalsek­retär des Vereins Gedenkstät­te Namensmaue­rn, Kurt Y. Tutter, an der Umsetzung eines solchen Erinnerung­sortes in Wien. Kurt Tutter musste nach dem „Anschluss“über Belgien nach Kanada fliehen, während seine Eltern deportiert und ermordet wurden.

Zu internatio­nalen Vorbildern für eine Namens-Gedenkmaue­r gehören die 2005 eröffnete Shoah-Gedenkstät­te in Paris, das Nationalde­nkmal für die jüdischen Märtyrer Belgiens in Brüssel oder ein in Amsterdam geplantes Holocaust-Memorial.

Verein ist bereits seit dem Jahr 2000 dafür aktiv

Newspapers in German

Newspapers from Austria