Sri Lanka blockt soziale Medien
Nach Ansicht der Regierung heizen Hassbotschaften die Ausschreitungen gegen die muslimische Minderheit an. Radikale Buddhisten spielen eine führende Rolle.
Der verängstigte muslimische Besitzer eines Kramladens in der Stadt Ampara 350 Kilometer östlich der Hauptstadt Colombo zitterte wie Espenlaub. „Ja, es stimmt“, flüsterte er in die Kamera eines Smartphones, das ein buddhistischer Randalierer dem Mann hinhielt. Der Vorwurf: Der Händler habe seine Waren auf spezielle Weise gewürzt. Sein islamisches Curry mache Buddhisten impotent, die dazugehörenden Kichererbsen sterilisierten buddhistische Frauen.
Je dümmer die Vorwürfe, umso glaubwürdiger erscheinen sie auch in Asien – zumindest solang sie gegen Minderheiten gerichtet sind. Die Aussage des eingeschüchterten Ladenbesitzers machte schnell die Runde auf Facebook und anderen populären Medien wie WhatsApp und Instagram. Videos wie dieses heizen die Lage auf der Tropeninsel an. Vergangene Woche war es in Kandy, der Stadt im Hochland Sri Lankas, zu massiven Ausschreitungen gegen Muslime gekommen. Buddhistische Mönche sollen die Schlägertrupps angeführt haben. Ein muslimischer Rundfunkreporter dokumentierte eine der Attacken, bis er eingeschlossen von Flammen im ersten Stock seines eigenen Hauses verbrannte.
Auslöser der Unruhen war der Tod eines buddhistischen Lkw-Fahrers. Er war nach einer Schlägerei mit einer Gruppe betrunkener Muslime seinen Verletzungen erlegen.
Die Regierung in Colombo verhängte den Ausnahmezustand. In Kandy gilt eine Ausgangssperre. Bei ihrem Versuch, wieder Ruhe und Ordnung herzustellen, blockierte sie auch die sogenannten sozialen Medien. „Sie enthalten Hassbotschaften“, erklärte ein Regierungssprecher.
In Sri Lanka ist es während der vergangenen Jahrzehnte immer zu Pogromen der buddhistischen Bevölkerungsmehrheit gegen die Minderheit der Tamilen (20 Prozent) und die noch weniger zählenden Muslime (15 Prozent) des Landes gekommen. Diesmal spielten die buddhistischen Mönche wieder eine unrühmliche Rolle.
Viele der Geistlichen, die in Dörfern und kleinen Städten unangefochten als höchste Autorität betrachtet werden, stehen seit Jahrzehnten eng mit ihren Glaubensbrüdern in Myanmar in Kontakt. Dort hetzten die Mönche mit Unterstützung der Sicherheitskräfte so lang gegen die islamische Rohingya-Minderheit, bis sie im vergangenen Jahr zu Hunderttausenden ins Nachbarland Bangladesch vertrieben wurde.
Nun versuchen buddhistische Nationalisten in Sri Lanka mit einer ähnlichen Taktik Einfluss zu gewinnen. Galagoda Gnanasara, Generalsekretär der Buddhisten-Gruppe Bodu Bala Sena (BBS) – singhalesisch für „Die Kraft buddhistischer Macht“–, schwadroniert von einer „islamischen Verschwörung“gegen Sri Lankas Buddhisten. „Wir müssen uns gegen die Bedrohung wappnen“, fordert er.
Die radikalen Buddhisten unterstützen den Ex-Präsidenten des Landes, Mahinda Rajapaksa, der den Krieg gegen die Tamilen gewann, aber die Wahlen 2015 verlor. Beobachter vermuten, dass seine Parteigänger in Kandy mitzündelten. Die Regierung musste Spezialeinheiten ins Hochland schicken, um die Krawalle unter Kontrolle zu bringen.