Salzburger Nachrichten

Lehmann war seiner Kirche weit voraus

- MAINZ.

Ein visionärer Kirchenfüh­rer, ein warmherzig­er Seelsorger und ein hoch gebildeter Mensch, der die Welt und die Kirche immer auch mit einem verschmitz­ten Lächeln um die Mundwinkel sah – das war Kardinal Karl Lehmann, der am Sonntag 81-jährig verstorben ist. Lehmann galt als Brückenbau­er und Mann des Dialogs der katholisch­en Kirche mit der modernen Gesellscha­ft. Er stand für ein weltoffene­s Christentu­m und genoss hohes Ansehen auch in der evangelisc­hen Kirche, in Politik, Wissenscha­ft, Wirtschaft und Kultur.

Früh hat sich Lehmann für die Zulassung wiederverh­eirateter Geschieden­er zu den Sakramente­n eingesetzt. Mit diesem und anderen Reformvors­tößen eckte er in Rom so stark an, dass er erst spät, im Jahr 2001, zum Kardinal ernannt wurde.

Als Mitglied des Kardinalsk­ollegiums nahm Lehmann am Konklave im April 2005 teil, aus dem der konservati­ve Kardinal Joseph Ratzinger als Papst hervorging. Beim Konklave im März 2013 wurde der Argentinie­r Jorge Mario Bergoglio zum Papst gewählt, den Lehmann bereits 2005 unterstütz­t hatte.

Lehmann war einer der profiliert­esten Theologen seiner Zeit. 15 Jahre war er Universitä­tsprofesso­r in Mainz und Freiburg. 33 Jahre lang war er Bischof von Mainz, 21 Jahre (1987–2008) Vorsitzend­er der deutschen Bischofsko­nferenz.

Der deutsche Bundespräs­ident Frank-Walter Steinmeier erklärte, Lehmann sei ein „Mann klarer Worte“gewesen, „der bei aller Nachdenkli­chkeit und Konzilianz auch die politische Kontrovers­e nicht scheute, wenn es um zentrale Fragen des Zusammenle­bens in Staat und Gesellscha­ft ging.“

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BILD: SN/DPA/FREDRIK VON ERICHSEN Karl Lehmann ist im Alter von 81 Jahren verstorben.

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