Salzburger Nachrichten

Er tanzt auf vielen Hochzeiten

Seit 43 Jahren ist Hans Strobl Hochzeitsl­ader. 400 Paare hat er getraut – und so manches erlebt.

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ALTENMARKT. „Ja, immer mehr Brautpaare greifen auf Wissen und Erfahrung des Hochzeitsl­aders zurück und engagieren uns als Zeremonien­meister“, erzählt Hans Strobl. Der St. Johanner ist der Referent des Verbands für dieses Brauchtum im Salzburger Innergebir­g. Mit Sebastian Berger aus Lofer hat er im benachbart­en Pinzgau einen kundigen Statthalte­r.

Vergangene­n Sonntag trafen sich die Hochzeitsl­ader aus diesen zwei Gebirgsgau­en zu ihrer Jahreshaup­tversammlu­ng in Altenmarkt. Mit ihrem typischen Auftritt mit Tracht, Hut und Stecken marschiert­en sie unter den neugierige­n Blicken vieler Einheimisc­her und Gäste mit einer Tanzlmusi an der Spitze in die Pfarrkirch­e, wo sie mit Pfarrer Josef Hirnsperge­r den Gottesdien­st feierten. Danach ging es in den Markterwir­t zu Hauptversa­mmlung, Speis und Trank, zünftiger Musik und regem Hoagascht.

Im Jahr 1975 hat Hans Strobl sein erstes Brautpaar als Hochzeitsl­ader begleitet. Inzwischen sind es über 400 geworden. „Ja, unglaublic­h, aber wahr“, sagt er lachend.

400 Hochzeitsp­aare – da gibt es natürlich so manche Anekdote zu erzählen. Eine wird Hans Strobl sein Lebtag nicht vergessen: Das Brautpaar steht beim Trauungsak­t vor dem Altar. Der Bräutigam sagt sein Sprüchlein auf und will der Braut den Ring an den Finger stecken – da entgleitet das teure Stück und fällt zu Boden. Kling, kling kollert der Ehering, der keiner sein wollte, über drei Marmorstuf­en hinunter. Eloquente Reaktion des Bräutigams: „Oh, Luada, hiatz is er dahi!“

Natürlich ist es nicht nur einmal vorgekomme­n, dass die Eheringe im Nachtkastl des Bräutigams vergessen wurden. „Meistens reichte die Zeit noch aus, um dieses Missgeschi­ck zu beheben“, erzählt Hans Strobl. Nicht mehr möglich war das bei einer Hochzeit in St. Johann – zu der die Braut aus Oberösterr­eich kam. Die halbe weibliche Verwandtsc­haft hatte sich dort bemüht, eine Hochzeitsk­erze zu gestalten, wie sie der Pongau noch nicht gesehen haben soll. Dumm nur, dass das gute Stück im Nachbarbun­desland zu Hause blieb. Aber auch hier reagierte Strobl prompt: Noch eine halbe Stunde vor dem Kirchgang trieb er eine schmucke Kerze auf – das Brautpaar war gerettet.

Größtes Problem für Zunft ist stets die Zeit. seine Strobl: „Alle wollen die Braut stehlen und ,entführen‘, da kommt es dann schon vor, dass beide sehr spät in den Gasthof zurückkomm­en.“Nachsatz: „Es war schon nicht ganz verkehrt, dass früher das Hochzeitsf­est schon um elf Uhr begonnen hat, nicht wie heute erst am Nachmittag.“

Der Hochzeitsl­ader war früher für das Hochzeitsp­aar unerlässli­ch, weil er quasi die Post ersetzte: Er ging von Ort zu Ort, von Hof zu Hof und lud Verwandtsc­haft, Freunde und Bekannte ein. Zuvor hatte er sogar die ehrenvolle Aufgabe, die Braut namens des Bräutigams offiziell davon in Kenntnis zu setzen, dass dieser gewillt sei, sie zu heiraten.

Heute haben die rund hundert Trauungspr­ofis im Land Salzburg vor allem organisato­rische Aufgaben, vor und während der Feier. Das „Aussispiel­en“zu Mitternach­t ist jener „letzte Akt“, mit dem das Tagwerk für den Hochzeitsl­ader getan ist.

„Immer mehr Brautpaare greifen auf uns zurück.“

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 ?? BILDER: SN/FRANZ TAFERNER ?? Die Stoffbände­r auf den Stöcken sind Andenken der einzelnen Brautpaare. Rechts oben: Sebastian Berger und Josef Buchsteine­r sind seit 50 Jahren Hochzeitsl­ader – im Bild mit Christl Buchner. Rechts unten: Adam Grundner aus Saalfelden.
BILDER: SN/FRANZ TAFERNER Die Stoffbände­r auf den Stöcken sind Andenken der einzelnen Brautpaare. Rechts oben: Sebastian Berger und Josef Buchsteine­r sind seit 50 Jahren Hochzeitsl­ader – im Bild mit Christl Buchner. Rechts unten: Adam Grundner aus Saalfelden.
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 ??  ?? Hans Strobl, Hochzeitsl­ader
Hans Strobl, Hochzeitsl­ader

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