Und wer froh ist, denkt sich glücklich
Als g’scheiter Mensch weiß Popsänger David Byrne: Das Glück lauert auch in Düsternis. Also macht er sich auf und suchte danach.
SALZBURG. Schweine. Hühner. Esel. Ob für die unsere Welt besser aussieht? Ganz sicher sehen die Viecher die Welt anders. Nun ist es schwer, durch deren Augen zu blicken. Der Gedanke aber, dass es nur darauf ankommt, aus welcher Perspektive man hinschaut, ist so logisch wie heilsam. Jedenfalls kann es das sein für jene, die überall nur Dämmerung und Düsternis erkennen. Auch Popmusiker David Byrne sagt, er renne bestimmt nicht als Optimist durch die Welt.
Dabei wäre für einen Popsänger nichts einfacher, als dem Pessimismus Luft zu machen und draufzuhauen. Eine harte Gitarrenattacke auf irre Präsidenten, auf die neue Mode des Autoritären, auf die Kluft zwischen Arm und Reich, zwischen Gebildet und Verbildet. Ordentlich das Schlechte beschwören. Voll drauf! Aber Byrne singt stattdessen: „Every Day Is A Miracle“und die Melodie umspült seine Zeile recht locker.
Nach 14 Jahren veröffentlicht Byrne, der seit Jahrzehnten in New York lebt, ein neues Soloalbum: „American Utopia“heißt es. Der Titel hat weder mit Realitätsverweigerung in Trump-Zeiten noch mit Ironie als letztem Ausweg zu tun. Byrne meint es ernst. Musik verstand Byrne nie bloß als einen Nebenarm der Unterhaltungsindustrie.
Die Melodien taugen als stets tanzbare, bisweilen gar heitere, eingängige Begleitung. Da hat sich wenig geändert seit den späten 1970erJahren, als Byrne mit den Talking Heads berühmt, erfolgreich und einflussreich war. Inhaltlich bleibt der 65-Jährige auf einem Weg, der ihn vom Nihilismus früher Tage auf der „Road To Nowhere“zu einem genaueren, womöglich glücklicheren Beobachter der Welt machte.
„American Utopia“ist die Fortsetzung seiner Vortragsreihe „Reasons to be cheerful“mit dem Mittel der Popmusik. Er sucht dabei einen Weg, nicht zum Zyniker zu verkommen in all dem Weltschlamassel. Und er fand, was ihn hoffen ließ. „Viele Dinge, die ich gefunden habe, beruhen auf den Initiativen kleiner Städte, Länder oder einzelner Menschen. Und oft sind sie entstanden, weil die Regierungen größerer Staaten versagt haben“, sagte Byrne in einem Interview. Daraus Popsongs zu machen, die nicht klingen wie Seminare über Nachhaltigkeit, ist für Byrne scheinbar keine Mühe. Er erkennt Wunder in kleinen Dingen. Unter anderem bekannte er, ein Intellektueller unter den Popmusikern: „Singen macht glücklich.“
Auf „American Utopia“widersetzt sich Byrne wohltuend jedem Gejammer. Feinsinnig und hintergründig sucht er stattdessen Ansätze, die Hoffnung geben. Beim Hören wird klar, dass es bloß darauf ankommt, wie man hinschaut, ob man Probleme wälzt oder Lösungen sucht. Oder wie Byrne es sagt: „Aus der Sicht von Hühnern, Schweinen und Eseln ist die Welt noch mal ein anderer Ort!“