Eine Stimme verändert etwas
Jeder mit jedem. In Österreichs Politik ist fast keine Zusammenarbeit mehr ausgeschlossen. Das ist gut für die Demokratie.
Österreichs politische Landschaft ist in Bewegung geraten. Jahrelang hatten die Bürgerinnen und Bürger zwar die Wahl, bekamen am Ende aber immer dasselbe. Eine rot-schwarze Regierung. Das erzeugte bei einem Teil der Bevölkerung erheblichen Frust. Und es tat auch den beiden Parteien nicht gut. Wofür die SPÖ stand und wofür die ÖVP, die Unterschiede waren kaum noch zu erkennen. Die Wählerinnen und Wähler liefen ihnen in Scharen davon.
Nicht erst seit im Bund ÖVP und FPÖ regieren, ist es mit der politischen Langeweile in Österreich vorbei. Erfrischend ist auch die Politik in den Bundesländern. Dort gibt es inzwischen Koalitionen zwischen den verschiedensten Parteien. Die Zusammenarbeit zwischen SPÖ und ÖVP (Steiermark) ist ebenso zu finden wie eine zwischen ÖVP und Grünen (Salzburg, Vorarlberg) und SPÖ und FPÖ (Burgenland) oder SPÖ und Grünen (Wien).
Was gut ist. Es zeigt zum einen, dass die Parteien, auch wenn sie in der politischen Auseinandersetzung oft hart miteinander umgehen, das Gemeinsame über das Trennende stellen können. Und zum anderen können die Bürgerinnen und Bürger in der Praxis verfolgen, dass es doch einen erheblichen Unterschied macht, welche Partei an der Macht ist.
ÖVP und FPÖ in Oberösterreich und SPÖ und FPÖ im Burgenland machen sichtlich eine andere Sozialpolitik als das rot-grüne Wien. Während im Land ob der Enns und im Burgenland die Regeln für die Mindestsicherung verschärft wurden, hat das in Wien nicht stattgefunden. Ohne grüne Regierungsbeteiligung in Salzburg gäbe es Tempo 80 auf der Westautobahn zwecks Senkung der Schadstoffbelastung nicht. Ohne die Zusammenarbeit von SPÖ und ÖVP in der Steiermark wäre die Fusion von Gemeinden und Bezirken kaum durchzusetzen gewesen.
Politik ist in Österreich in den vergangenen Jahren vielfältiger und für die Wählerinnen und Wähler wieder spannend geworden – auch dann, wenn man mit den Parteien, die das Sagen haben, nicht einverstanden ist. Tatsache ist, dass diese Entwicklung der gesamten Demokratie in Österreich nützt. Für die Wählerinnen und Wähler wird nun wieder deutlich, dass ihre Stimme etwas verändert und sie die Entwicklung der Gesellschaft mitbestimmen können. Das ist die wahre Stärke der Demokratie und wohl das beste Mittel gegen die autoritäre Versuchung. Und die ist durchaus vorhanden, wenn – wie jüngst eine Umfrage herausgefunden hat – 26 Prozent mit einem „starken Führer“liebäugeln.