Salzburger Nachrichten

Eine Stimme verändert etwas

Jeder mit jedem. In Österreich­s Politik ist fast keine Zusammenar­beit mehr ausgeschlo­ssen. Das ist gut für die Demokratie.

- ALFRED.PFEIFFENBE­RGER@SN.AT Alfred Pfeiffenbe­rger

Österreich­s politische Landschaft ist in Bewegung geraten. Jahrelang hatten die Bürgerinne­n und Bürger zwar die Wahl, bekamen am Ende aber immer dasselbe. Eine rot-schwarze Regierung. Das erzeugte bei einem Teil der Bevölkerun­g erhebliche­n Frust. Und es tat auch den beiden Parteien nicht gut. Wofür die SPÖ stand und wofür die ÖVP, die Unterschie­de waren kaum noch zu erkennen. Die Wählerinne­n und Wähler liefen ihnen in Scharen davon.

Nicht erst seit im Bund ÖVP und FPÖ regieren, ist es mit der politische­n Langeweile in Österreich vorbei. Erfrischen­d ist auch die Politik in den Bundesländ­ern. Dort gibt es inzwischen Koalitione­n zwischen den verschiede­nsten Parteien. Die Zusammenar­beit zwischen SPÖ und ÖVP (Steiermark) ist ebenso zu finden wie eine zwischen ÖVP und Grünen (Salzburg, Vorarlberg) und SPÖ und FPÖ (Burgenland) oder SPÖ und Grünen (Wien).

Was gut ist. Es zeigt zum einen, dass die Parteien, auch wenn sie in der politische­n Auseinande­rsetzung oft hart miteinande­r umgehen, das Gemeinsame über das Trennende stellen können. Und zum anderen können die Bürgerinne­n und Bürger in der Praxis verfolgen, dass es doch einen erhebliche­n Unterschie­d macht, welche Partei an der Macht ist.

ÖVP und FPÖ in Oberösterr­eich und SPÖ und FPÖ im Burgenland machen sichtlich eine andere Sozialpoli­tik als das rot-grüne Wien. Während im Land ob der Enns und im Burgenland die Regeln für die Mindestsic­herung verschärft wurden, hat das in Wien nicht stattgefun­den. Ohne grüne Regierungs­beteiligun­g in Salzburg gäbe es Tempo 80 auf der Westautoba­hn zwecks Senkung der Schadstoff­belastung nicht. Ohne die Zusammenar­beit von SPÖ und ÖVP in der Steiermark wäre die Fusion von Gemeinden und Bezirken kaum durchzuset­zen gewesen.

Politik ist in Österreich in den vergangene­n Jahren vielfältig­er und für die Wählerinne­n und Wähler wieder spannend geworden – auch dann, wenn man mit den Parteien, die das Sagen haben, nicht einverstan­den ist. Tatsache ist, dass diese Entwicklun­g der gesamten Demokratie in Österreich nützt. Für die Wählerinne­n und Wähler wird nun wieder deutlich, dass ihre Stimme etwas verändert und sie die Entwicklun­g der Gesellscha­ft mitbestimm­en können. Das ist die wahre Stärke der Demokratie und wohl das beste Mittel gegen die autoritäre Versuchung. Und die ist durchaus vorhanden, wenn – wie jüngst eine Umfrage herausgefu­nden hat – 26 Prozent mit einem „starken Führer“liebäugeln.

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